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65 beträgt, und dass es unter diesen Werke gibt, die, wie z. B. einzelne Theile aus der Summa Theologiae, wohl mehr als 40 Druckbogen (in 8°) umfassen dürften, andere wieder, die in den Handschriften nicht als Werke Wiclif’s bezeichnet waren. Durchforscht wurden die Handschriften des Britischen Museums und des Lambeth Colleg, die der verschiedenen Collegien zu Cambridge, Oxford, Dublin, Lincoln und der Bibliotheken von Paris, Prag und Wien, sowie einiger Privatbibliotheken, namentlich der des Earl von Ashburnham. Einiges ist Shirley allerdings noch entgangen. Aber der Grund zu den folgenden Arbeiten war doch gelegt.

Noch der eindringlichen Anregung Shirley’s war es zu verdanken, dass in Oxford eine Commission zusammen trat, welche die Ausgabe ausgewählter Werke Wiclif’s in Angriff nahm. Da sich diese aber mehr von sprachlichen und literarhistorischen als von theologischen und historischen Gesichtspunkten leiten liess, so blieben die Lateinischen Schriften Wiclif’s liegen und es wurden zunächst die Englischen Predigten und einzelne Englische Tractate exegetischen, didactischen und polemischen Inhalts durch Thomas Arnold publicirt (Select English Works of John Wyclif), denen 1879 ein Neudruck der Englischen Bibelübersetzung des Neuen Testaments und 1880 Matthew’s Ausgabe von The English Works of Wyclif folgten; die letztere enthalt nicht weniger als 38 Schriften Wiclif’s. Matthew ist einer der hervorragendsten Kenner der Wiclif’schen Theologie auf Englischem Boden und ohne seine opferwillige, hingebende Thätigkeit hätten die Arbeiten der Wyclif Society nicht in so rascher Folge erscheinen können, als es der Fall ist.

Ziemlich gleichzeitig mit Shirley nahm Gotthard Lechler in Leipzig das Studium der Wiclif’schen Theologie in Angriff und liess alsbald selbst so tüchtige Vorgänger wie Böhringer u. A. hinter sich. Als erste Frucht seiner Studien liess er 1863 die kleine aber wichtige Schrift Wiclif’s De officio pastorali erscheinen, der sechs Jahre später die kritische Ausgabe des Trialogus cum supplemento folgte. Diesen Arbeiten schloss sich dann die grundlegende Arbeit „Johann von Wiclif“ (2 Bde., 1873) an, die auch in England volle Anerkennung fand und bis jetzt 2 Auflagen in Englischer Sprache erlebt hat. – Nach Lechler trat R. Buddensieg in Dresden zunächst mit einer Ausgabe der zwar kleinen aber sehr gehaltvollen Wiclif’schen Schrift De Christo et suo adversario Antichristo auf den Plan (1880). Ihr folgte (1883) die grosse Ausgabe der Lateinischen Streitschriften, die 26 Schriften Wiclif’s meist aus dessen letzten Jahren enthält.

Inzwischen war in England ein Ereigniss eingetreten, das den Wiclifstudien einen mächtigen Impuls gab. Die 500jährige Feier des

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_112.jpg&oldid=- (Version vom 20.3.2023)