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Während Hager auf diese Weise für den Empfang und die Ueberwachung der beiden Männer, von denen in dem Decret die Rede ist, sorgte, hatten dieselben noch nicht einmal den Oesterreichischen Boden betreten. Am 7. April schreibt Justus Gruner an Hardenberg[1]: „Der Obr v. Gn–u und Gr Ch–t sind am letzten Freitag“ – es war der 3. April[2] – „bereits abgereist. Beide lassen sich Euer Excellenz wohlwollendem Andenken nochmals angelegentlichst empfehlen.“ Die Reise von Breslau nach Wien dauerte lange, denn erst in der Nacht vom 10. auf den 11. April kamen Gneisenau und Chasot in Wien an. Natürlich kam nun die Polizei-Oberdirektion dem Befehle Hager’s sofort nach und unterstellte die beiden höchst verdächtigen Preussen einer genauen Controlle. Die Berichte über diese geheime Beobachtung wurden dem Vicepräsidenten vorgelegt, der dann seinerseits einige derselben an Metternich zur Kenntnissnahme übersandte. Welchen Eindruck mag es wohl auf die beiden Reisenden gemacht haben, wenn sie sahen, dass ihnen der Vertraute, wie damals die geheimen Polizeiagenten in Oesterreich genannt wurden, auf Schritt und Tritt nachfolgte, wie es später auch Boyen bei seiner Anwesenheit in Wien erging[3].

Die Berichte des Vertrauten hier nun alle und gänzlich zu veröffentlichen, würde zu weit führen, und ausserdem wäre es auch nicht angebracht, da sie theilweise ganz unwichtige Dinge enthalten. Es mag daher hier nur Einiges seinen Platz finden, was aus den Berichten allenfalls von Interesse sein dürfte. „Die beiden genannten preussischen Kavallire“, so beginnt der eigentliche erste „geheime BeobachtungsRaport“ vom 13. April, „kamen zwischen den 10ten und 11ten Dato in der Nacht, jeder mit einem Bedienten versehen, hier in Wien an, logirten im Hotel zur Kaiserin von Oesterreich ein, und gedenken den 17ten oder 18ten Dato von hier wiederum abzureisen, und zwar nach Russland.“ Laut diesem Rapport besuchten die beiden Reisenden am 11. April den Preussischen und Russischen Gesandten und dann den Oberst Steigentesch, welchen sie aber nicht zu Hause fanden. „Sonntag den 12 Dato schickte der preussische Gesandte zeitlich früh ein Handbilliet [sic!], und gleich nach 9 Uhr fuhr der Oberste Gneisenau, zum preussischen Gesandten, allwo Sie [!] bey 2 Stunden lang mitsammen eingesperrt waren, von da fuhr der Oberste in die Staatskanzley zu seiner Excellenz Grafen Metternich“. Später besuchten Gneisenau und Chasot den früheren Preussischen Gesandten

  1. Königl. Geheim. Staatsarchiv Berlin, Rep. 92, Hardenberg K. 40.
  2. Pertz, Gneisenau II, 283.
  3. Boyen schildert in seinen Erinnerungen II, 200–201 seine eigene Beobachtung so.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_116.jpg&oldid=- (Version vom 20.3.2023)