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gestatten. Wien den 18 April 812 Hager.“ Auf dem letzten Blatt steht noch das Wort „dringend“. Sollte dies Schreiben seinen Zweck in der That erfüllen, so musste es natürlicher Weise so in die Hände des Grafen Goess gelangen, dass derselbe die zur Beobachtung der beiden Reisenden nothwendigen Verordnungen nicht nur erlassen konnte, sondern dass auch zu ihrer Ausführung alles vorbereitet war, ehe die beiden durch Hager angemeldeten Preussen Galizien betreten hatten. Nun enthält der vom 18. April datirte Beobachtungsrapport die Angabe, dass Gneisenau und Chasot am 19. April Wien verlassen wollten. Diese Notiz hat Hager Vormittags erhalten und sich wahrscheinlich gleich wegen des von den beiden gefährlichen Tugendbundisten einzuschlagenden Weges nach Russland mit Metternich verständigt. Hager’s Schreiben an den Grafen Goess ist dann am 18. expedirt worden und hatte dann jedenfalls einen Vorsprung von etwa 24 Stunden, wenn die Pässe erst am 19. April Mittags dem sie abholenden Boten übergeben wurden. Das ist dann auch offenbar der Grund, weshalb dies geschah. Da aber Gneisenau und Chasot erst am 20. April reisten, so war jedenfalls in Galizien, als sie dorthin kamen, Alles zu ihrer Beobachtung auf das beste vorbereitet.

Bedeutend später als diese Beiden kamen Boyen und Dohna nach Oesterreich. Auch über sie liegt in den Acten des Archives des Ministeriums des Innern in Wien ein Schreiben vor, welches die Angst der Oesterreichischen Regierung vor den Tugendbundisten erkennen lässt. Noch verdächtiger als Gneisenau und Chasot mussten Boyen und Dohna schon deshalb sein, weil sie den in Prag weilenden, unter besonderer Polizeiaufsicht stehenden Gruner am 7. August in Prag aufgesucht hatten[1]. An Metternich meldete Hager am 12. August: „Die beiden durch Prag nach Wien gereisten Tugendbundisten der preussische Flügel Adjutant[2] Oberst Beyme [sic!] und der Major Graf Dohna, welche in Prag Grunern zu sprechen wünschten, lass ich hier unter Polizei Aufsicht setzen“. Gleichzeitig erliess der Vicepräsident an die Polizei-Oberdirektion folgendes Schreiben: „Am 6 dieses sind zwei wegen ihrer Verbindungen sehr bedenkliche Tugendbundisten,

  1. Nach dem Verhörsprotokoll, welches nach Gruner’s Verhaftung am 26. August mit ihm aufgenommen wurde, hat Boyen „am Abend meiner Rückkehr von Liebwerda Gruner besucht und dieser ist laut Bericht des Prager Stadthauptmann Lilienau vom 8. August: gestern Morgens hieher zurückgekommen.“ Dies stimmt mit der Angabe Hagers nicht überein.
  2. Boyen, dessen Namen von den Oesterreichern auch verstümmelt wurde, ist nie Flügeladjutant gewesen. Derartige Irrthümer kommen in den Acten öfter vor. So führt Hardenberg den Titel Graf und Bülow wird zum Polizeipräsidenten gemacht, was beide nie gewesen sind.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_118.jpg&oldid=- (Version vom 20.3.2023)