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dem Uebelstande, dass der Staat durch Vorenthaltung der Archivalien gegen Recht und Billigkeit verstosse.

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Die nachfolgenden Redner, zunächst die Archivbeamten Dir. Wiegand aus Strassburg, Reichsarchivassessor Wittmann aus München, Generalmajor von Wetzer aus Wien, dann auch Prof. Böhtlingk aus Karlsruhe traten dem Referenten in allen wesentlichen Punkten bei. Von neuen Gesichtspunkten wäre etwa noch die Anregung Dir. Wiegand’s hervorzuheben, möglichst auf diplomatische Vermittlung zu verzichten und sich direct an die Verwaltungen zu wenden.

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Widerspruch fanden von den Vorschlägen des Referenten eigentlich nur zwei Punkte, die Drucklegung von Repertorien und das Normaljahr. Prof. Heigel hatte in seinen Thesen auch den Druck gut gearbeiteter Repertorien gefordert. Gegen die Ausführbarkeit und z. Th. auch gegen die Zweckmässigkeit dieses Wunsches wandten sich die genannten drei Archivare, und Prof. Heigel liess darauf die betreffende These fallen.

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Als Normaljahr, bis wohin die Benutzung frei sein sollte, hatte Referent ursprünglich das Jahr 1848 genannt. Gegenüber den Bedenken eines Theiles der Versammlung setzte Referent aber, um möglichst einstimmige Annahme zu ermöglichen, 1847 ein, und in dieser Form wurde die These mit allen gegen 3 Stimmen genehmigt. Ausdrücklichen Widerspruch erhob Ass. Wittmann, der auch das fiskalische Interesse vertreten hatte.

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Die übrigen Thesen fanden einstimmige Annahme. Es wurde zugleich beschlossen, sie den betheiligten Behörden und Parlamenten vorzulegen. Wir theilen hier nun den beschlossenen Wortlaut mit:

1. Es erscheint wünschenswerth, dass sich alle Regierungen den Grundsätzen, welche im Erlass des k. Preuss. Cultusministeriums vom 8. Jan. 1890 in Bezug auf Versendung von Handschriften aus öffentl. Bibliotheken aufgestellt sind, anschliessen möchten.

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2. Die Entscheidung, ob einem Gesuch um Archivbenützung zu wissenschaftlichen Zwecken zu willfahren sei, soll ohne besondere Ermächtigung durch die Staatsregierung dem Leiter des Archivs zustehen.

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3. Als Normaljahr, bis zu welchem Archivalien zu wissenschaftlicher Benützung überlassen werden, ist das Jahr 1847 für alle Archive festzusetzen.

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4. Den Archivvorständen soll freigestellt sein, vertrauenswürdigen Forschern auch Einsicht in die Repertorien und Zettelkataloge zu gewähren.

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5. Urkunden, Handschriften und Acten sollen zu wissenschaftlicher Benützung an jedes andere Archiv (Bibliothek) verschickt werden, falls sich das entleihende Archiv zur nämlichen Dienstleistung bereit erklärt und für sichere Aufbewahrung und Rücksendung verbürgt.

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6. Es wäre wünschenswerth, dass für Abschriften, welche von Beamten oder Bediensteten der Archive im Dienste von Privaten gefertigt werden, eine einheitliche Taxe für ganz Deutschland festgesetzt würde.

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Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_168.jpg&oldid=- (Version vom 22.3.2023)