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Freunde ihrer gedacht and sie ob ihrer Frömmigkeit vor allen Anderen, denen er in Ferrara begegnet sei, gerühmt. Sinapius, der im Frühling 1537 nach Deutschland reiste, einen Ruf nach Tübingen erhielt, aber durch die Liebe zu diesem Mädchen an Ferrara gefesselt blieb, vertraute sich dem Freunde Grynäus an, und dieser bat Calvin um sein Urtheil und eventuell um sein Fürwort bei ihr. Die Folge war die Heirath beider 1538, und dass sich nun das junge Ehepaar unter dieselbe geistliche Leitung stellte, die bisher dem Mädchen zu Theil geworden war.

Dies Verhältniss hat zu dem Briefe Calvin’s an die Herzogin Anlass gegeben, den wir mehrmals berührt haben und dem wir uns nun zuwenden wollen[1].

Fräulein Boussiron wollte aus Gewissensbedenken nicht länger der Messe anwohnen. Der damalige Almosenier der Herzogin, François Richardot, der selbst in freundlichen Beziehungen zu den Männern der neuen Richtung stand, nahm die Messe in Schutz und belehrte die Herzogin, man dürfe dergleichen Abweichungen nicht dulden, durch welche ohne Noth Aergerniss unter den Gläubigen erwachse; die Messe, behauptete er, gelte selbst in den evangelischen Kirchen Deutschlands als zulässig. Seitdem fiel Françoise bei der Herzogin in Ungnade. Calvin erfuhr davon, wie er sagt, durch Reisende – wir dürfen wohl hinzufügen: durch Briefe seiner Verehrerin – und fasste den Gedanken, an Renata zu schreiben. Er war noch nicht aus der Ueberlegung zum Entschluss gekommen, als er eine Nachricht erhielt, deren Quelle Frau de Pons war: dass nämlich die Herzogin über den fraglichen Punkt nach weiterer Belehrung Verlangen trage, da es ihr bei den beiderseits obwaltenden Schwierigkeiten nicht leicht falle, sich zu entschliessen. Er sagt, man

    ad vos pervenerunt, te pridem rescivisse arbitror. Quod igitur reliquum est, ambo te oramus ut quam amicitiam hactenus crebris consiliis erga uxorem meam coluisti, eam nunc deinceps erga nos ambos literis tuis fovere digneris, nosque docere qua ratione aut modo possimus ex tam perplexis domesticorum negotiorum spinis extricare nos, et ut Christianos coniuges decet, vivere quam purissime ac sanctissime coram Domino – –. Plurimum enim tuae authoritati uterque deferimus, tanquam per cuius os Deus nobiscum colloquatur, qui quicquid de nobis statuerit aut voluerit, et lubenter volumus et aequo animo feremus.

  1. Calvin an Renata. Herminjard, Corresp. VII, 307. Vgl. die lehrreichen Bemerkungen des Herausgebers.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_218.jpg&oldid=- (Version vom 28.3.2023)