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Ja, wenn nur diese Sipontinische Urkunde wenigstens gesichert wäre! v. Kap-herr erklärt zwar, sie sei „unzweifelhaft echt“; indessen die Gründe, die er dafür anführt, sind sämmtlich nicht stichhaltig. Der Geschichtschreiber von Monte Cassino, Erasmo Gattola, der diese Urkunde zuerst veröffentlicht hat, hat sie in das Jahr 1063 gesetzt und v. Kap-herr folgt ihm darin ohne weiteres; „die Daten sind correct“, behauptet er. Sehen wir indessen etwas genauer zu, so stossen wir auf einen bedenklichen Widerspruch zwischen der Angabe des kaiserlichen Regierungsjahres und der Indiction. Wenn der Monat Mai im 4. Regierungsjahre des Constantin Ducas auch in das Jahr 1063 gehört, so kann doch die zweite Indiction für diesen Monat nur auf das Jahr 1064 bezogen werden. Wo bleibt da die Correctheit? Und was ist nun das Richtige? Sollte dieser Widerspruch nicht vielleicht auf die Unklarheit eines Fälschers über die Regierungszeit Constantin’s zurückzufübren sein?

Unter den Zeugen steht an erster Stelle Erzbischof Gerhard von Siponto. v. Kap-herr begnügt sich mit der Bemerkung: „Der in der Urkunde erwähnte Erzbischof G. lässt sich auch sonst nachweisen“. Gewiss, es fragt sich nur, für welche Zeit. Bisher nahm man an, dass er erst im Jahre 1066 Oberhirt der Kirche von Siponto geworden sei[1]. Ist es möglich und zulässig, auf Grund unserer Urkunde diese Annahme umzustossen oder ist nicht vielmehr die Anführung dieses Zeugen als Beweis für die Unechtheit der Urkunde zu betrachten?

Der dritte Punkt, den v. Kap-herr anführt, dass die grammatischen Fehler im Text durchaus den Fehlern entsprechen, wie wir sie auch sonst bei den Urkunden aus dem Griechischen Unteritalien antreffen, beweist weder für noch gegen die Echtheit; die Fälschung könnte in M. Cassino sehr wohl an der

  1. Gams p. 924 gibt als annus electionis 1066. Cappelletti, Le chiese d’Italia XX, 582 berichtet, unter Leo IX. sei die Kirche von Siponto mit der von Benevent vereinigt gewesen; „ed il pont. Alex. II 1066 la disgiunse di nuovo e le diede il suo arcivescovo“. Ughelli VII, 823 drückt sich unbestimmter aus; circa a. D. 1066. Sarnelli, Cronologia de’ vescovi ed arciv. Sipontini, Manfredonia 1680 ist mir nicht zugänglich gewesen; indessen haben ihn Gams wie Cappelletti benutzt; v. Kap-herr beruft sich allein auf Ughelli. Natürlich ist auf die Urquelle zurückzugehen, die bei Leo Marsicanus vorliegt; Mon. Germ. SS. 7, 715.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_234.jpg&oldid=- (Version vom 29.3.2023)