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Vocale besondere Zeichen anwenden, wo die Russen es selbst nicht thun? Herr Harnack denkt daran, dass die Russen eventuell, wenigstens in wissenschaftlichen Werken, das Cyrillische Alphabet aufgeben, und fürchtet, dass sie dazu nicht geneigt sein werden, wenn wir die Weichheit der Vocale nicht besonders kennzeichnen. Ueber diese letzte Frage, die eigentlich schon etwas anderes berührt, brauchen wir uns überhaupt die Haare nicht grau werden zu lassen, denn das Aufgeben der Cyrillischen Buchstaben ist eine politisch-kirchliche Frage, wie dies so grell bei den Serben und Kroaten hervortritt. Wenn wir zunächst einmal auch Demjenigen helfen wollen, der des Russischen nicht vollkommen mächtig ist, oder sogar nur das Russische Alphabet kennt – denken wir nur an die Tausende Bibliotheksbeamte, Zeitschriftenredacteure und Bibliographen! –, so müssen wir auf die grammatikalischen Finessen zu Gunsten eines möglichst einfachen Systems von vornherein verzichten, denn in unserem Falle lassen sich wohl schwer zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

B. Minzes.     

Ein Schlusswort sei mit Zustimmung der beiden Herren Mitarbeiter noch dem Herausgeber gestattet, nicht um zur Lösung der Frage, für die ihm jede Fachkenntniss fehlt, etwas beizubringen, sondern um das praktische Ergebniss der Erörterung vor Augen zu stellen und nochmals das Bedürfniss zu bezeichnen, dem abgeholfen werden soll. Ueber die principielle Frage sind die beiden Herren ja einig; beide treten ein für einheitliche Buchstabentransscription statt national verschiedener phonetischer Transscription. Die relative Berechtigung der Einwendungen Herrn Harnack’s gegen die vorgeschlagene Transscription der Vocale scheint (so weit man als Laie urtheilen darf) unbestreitbar; es fragt sich nur, ob diese Berechtigung stark genug ist, um gegen gewisse praktische Gründe aufzukommen und ob es gelingen kann, zweier Schwierigkeiten Herr zu werden: 1. Die Vorschläge des Herrn Minzes schliessen sich, wie er ausgeführt hat, an die bei Slavisten schon herrschende Transscriptionsmethode an, während Herr Harnack etwas Neues einführen will. 2. Wie Herr Harnack ja selbst andeutet, ist das ё, das als jo oder ò vom Russischen е (gleich je oder è) unterschieden werden soll, in der Russischen Orthographie selbst durchaus nicht überall eingeführt, vielmehr so ziemlich auf Schulausgaben beschränkt, so dass man also bei gewöhnlichen Büchern ohne genaue Kenntniss der Russischen Sprache oft unsicher ist, ob man е mit è (je) oder ò (jo) zu transscribiren hat.

Diese Bedenken oder Schwierigkeiten dürfen aber nicht zu einem Verzicht führen; denn bei der wachsenden Bedeutung der Russischen

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_09_317.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)