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zufällig zu sein; jedenfalls hat dies auf die Entwicklung der Ansichten keinen Einfluss gehabt. In unserem Jahrhundert lässt Kortüm[1] den sterbenden Konrad sogar zum Zwecke der Erbeseinsetzung eine förmliche Ansprache an Friedrich halten, und Raumer[2] berichtet wenigstens kurz als Thatsache, dass Konrad nicht seinen kleinen Sohn, sondern seinen Neffen den Fürsten empfahl. Dass der kritische Jaffé[3], der sehr correct nur die Vormundseinsetzung und die Uebergabe der Reichskleinodien an Friedrich als Thatsachen berichtet, wie unwillkürlich hinzufügt: „für seine Erhebung gab er sterbend seine Stimme“, ist noch nicht einmal der merkwürdigste Beweis von dem unbewussten Einfluss der Ueberlieferung auf das Verständniss der Quellen. Sogar Luden[4], der die kritische Brechaxt anlegt und es für möglich hält, dass die Erzählung von der Ueberlassung des Herzogthums an Friedrich von Rothenburg sich erst e post gebildet habe, meint, dass die Accentuirung des Urspergers „fast scheine“ gegen Otto gerichtet zu sein; „denn Otto möchte die Sache gern so darstellen, als sei Friedrich nicht regis Conradi zelo zum Reiche gelangt.“ Ganz dicht an die richtige Fragestellung herangerückt, kommt Luden doch nicht auf den Gedanken, den umgekehrten Fall auch nur in Erwägung zu ziehen.

Als die neuere Geschichtsforschung daran ging, den Uebergang der Regierung von Konrad auf Friedrich ex professo zu behandeln, hat sie zunächst versucht, über die Widersprüche der Quellen hinwegzukommen. Etwa gleichzeitig erschienen zu Anfang der siebenziger Jahre die Doctordissertation von Wetzold und die umfangreich angelegte Darstellung von Prutz. Wetzold nahm die Ueberlieferung, wie er sie gerade vorfand: „Noch vor seinem Ende übergab er (Konrad) seinem Neffen Friedrich von Schwaben die Reichsinsignien und empfahl ihm seinen kleinen Sohn Friedrich. Zugleich liess er sich von ihm das Versprechen geben, dass er

  1. F. Kortüm, Kaiser Friedrich I. mit seinen Freunden und Feinden. Aarau 1818, S. 27.
  2. F. v. Raumer, Geschichte der Hohenstaufen und ihrer Zeit [1823], 4. Aufl. (Leipzig, 1871), S. 1–2.
  3. Ph. Jaffé, Geschichte des Deutschen Reichs unter Konrad III. Hannover 1845, S. 209.
  4. H. Luden, Geschichte des Teutschen Volkes, Bd. 10 (Gotha 1835), 8, 293–295; 617–618.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1893, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1893_10_093.jpg&oldid=- (Version vom 9.4.2023)