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Eine Aenderung trat ein, seit durch Wenzel der Schwerpunkt der königlichen Hausmacht und die Residenz des Herrschers endgültig an die Ostgrenze des Reiches verlegt war. Es war unvermeidlich, dass, seit in erster Linie osteuropäische Interessen für die Könige massgebend waren, der Westen Deutschlands, das eigentliche Reich, sich vernachlässigt fühlte. Kam noch, wie es bei Wenzel der Fall war, hinzu, dass der König sich nur selten im Reiche blicken liess und eine Regierung kaum noch führte, so griff eine Missstimmung Platz, die ihre Häupter naturgemäss in den westlichen, den vier Rheinischen Kurfürsten fand. Sie erschienen sich als die wahren Vertreter der Reichsinteressen gegenüber dem Könige; so lag es in der Natur der Sache, dass ihre Opposition bald in die Revolution überging.

König Wenzel wollte seinen Bruder Sigmund zu seinem Stellvertreter im Reiche, zum Reichsvicar bestellen; die Rheinischen Kurfürsten bestritten, dass er das ohne ihre Einwilligung dürfe; sie verbündeten sich am 13. April 1399 gegen Wenzel zu Boppard, ja sie schritten endlich zu seiner Absetzung. Das war offene Rebellion; auch betheiligten die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg sich nicht daran, sondern blieben Wenzel treu. Da auch die Rheinischen Kurfürsten mit ihrem neugewählten Könige Ruprecht und unter sich, besonders durch ihre verschiedene Stellung zum grossen Schisma, sehr bald in Uneinigkeit geriethen, so blieb der in Boppard eingeleitete Versuch, die kurfürstlichen Rechte weiter auszudehnen, zunächst ohne Folgen. König Sigmund, der nach Ruprecht’s Tode durch Pactiren mit den einzelnen Gruppen der Kurfürsten und mit seinem Bruder Wenzel zur Krone gelangt war, konnte in den ersten Jahren seiner Regierung herrschen, ohne dass er irgend welchen Ansprüchen der Kurfürsten auf Theilnahme am Regimente begegnet wäre.

Aber die Bestrebungen, die in Boppard zum Ausdruck gekommen waren, lebten im Stillen weiter; sie wagten sich nicht hervor, so lange Ludwig von der Pfalz und Friedrich von Brandenburg des Königs vertraute Rathgeber und enge Verbündete waren. Es war verhängnissvoll für Sigmund, dass er sich noch vor Schluss des grossen Concils mit dem Pfälzer überwarf; so wurde dieser den antimonarchischen Bestrebungen in

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_068.jpg&oldid=- (Version vom 7.5.2023)