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frei und ungezwungen, aber die Ansätze zum leidigen officiellen Versammlungstypus waren doch vorhanden. Gehen wir in der Richtung noch einige Schritte weiter, so ist es bald mit harmloser Ungezwungenheit vorbei; und die Hochfluth des äusserlichen Ceremoniells, der Rücksichten und der Festlichkeiten verschlingen das einfache Beisammensein von Fachgenossen, das als Charakter der Versammlung gedacht war. Es gibt ja genug Congresse, auf denen die Heroen des Faches das Ganze im Banne scheuer Ehrfurcht halten, und eine gewisse Förmlichkeit zwischen den Theilnehmern erster Classe und denen zweiten und dritten Grades unsichtbare aber wirksame Schranken zieht. Der Historikertag wird hoffentlich nie in diesem Fahrwasser steuern wollen.

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Mit dieser Frage hängt eine andere auf das engste zusammen: die der Unabhängigkeit nach aussen. Da man in München den Fehler gemacht hatte, nicht durch Beiträge für einen kleinen Fonds zu sorgen, hat das Leipziger Comité sich an die Staatsregierung um Bewilligung von Geldmitteln gewandt. Die Staatsregierung ist in freundlichster Weise darauf eingegangen, und auf dieser finanziellen Grundlage hat dann alles so schön arrangirt werden können. Gewiss hat dieser Umstand die diesmaligen Verhandlungen an keiner einzigen Stelle auch nur im mindesten beeinflusst; trotzdem aber – ist das Verhältniss ein missliches und könnte jeden Augenblick bedenklich werden. Das angenommene Organisationsstatut sieht ja auch Beiträge von Fachgenossen und Theilnehmern als einzige Finanzquelle vor, und daran sollte man, so meinen Viele, festhalten, auch wenn man sich dann etwas bescheidener einrichten muss.

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Möglichst einfache Einrichtungen dürften überhaupt eine Vorbedingung für wirkliches Prosperiren der Versammlungen sein. Bei so vielen Congressen sucht man es ja leider an jedem Ort den Vorgängern zuvorzuthun, und man macht die Veranstaltung damit für das Ortscomité zu einer drückenden Last – drückend durch Arbeit und Geldaufwand. Sowohl was geboten, wie das was an Beiträgen etc. gefordert wird, steht auf vielen Versammlungen nicht im rechten Verhältniss zur wirthschaftlichen Stellung des Deutschen Gelehrten und nicht im Einklang mit einer prunklosen, auf die Sache und auf ideale Dinge gerichteten Wirksamkeit. In Leipzig war der Beitrag der Theilnehmer allerdings noch sehr bescheiden (man hatte ja die Subvention der Regierung), und es wäre ungerecht, von luxuriösen Veranstaltungen zu sprechen. Wir erhielten eine sehr schöne Festgabe, bestehend aus Aufsätzen von Docenten der Leipziger Universität, und eine andere, ein Doppelheft des Neuen Archivs für Sächsische Geschichte, gewidmet von Regierung und Sächsischem[WS 1] Alterthumsverein, man sorgte sehr reichlich für Drucksachen, die zu den Verhandlungen gehörten, bot uns auf dem schönen Ausflug nach Meissen einige besondere Genüsse, u. a. Beleuchtung des Schlosses, und beschränkte sich sonst auf eine einzige officielle Festlichkeit. Das ist alles nicht übertrieben, aber doch mehr als in München. Das Beste von Allem, eine „Festgabe“ im Leipziger Styl, wird z. B. jeder Fachgenosse dankbar zu schätzen wissen; und doch wird man wünschen dürfen, dass sie sich lieber nicht zur stehenden Einrichtung

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Sächsichem
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_204.jpg&oldid=- (Version vom 10.5.2023)