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Vorgehen gegen dieselbe, in dem jene eine aus schnöder Habgier entsprungene, jeden Scheines der Berechtigung entbehrende frevelhafte Gewaltthat sehen, von dem Standpunkte jener Zeit aus begreiflich, ohne desshalb etwa die dabei angewandten Mittel zu billigen. Insofern stehe ich in der Sache noch auf dem ursprünglich von mir eingenommenen Standpunkt, als ich nach wie vor behaupte, dass ein wirkliches schweres Verschulden des Ordens seinen Gegnern die Handhabe und den sonst nicht erreichbaren Rechtstitel zum Einschreiten geboten habe, mag ich auch die Art und den Grad dieses Verschuldens anders als früher bestimmen. Wie Gmelin ja schon durch den Titel seines Werkes zu erkennen gibt, handelt es sich aber doch nach wie vor um die Schuld oder Unschuld der Templer, die möglichen Nuancirungen der ersteren, falls sie nachgewiesen ist, sind nebensächlich. Das hat, besorgt wegen der Zugeständnisse, die Gmelin, wie später zu berühren sein wird, am Schlusse in Bezug auf die Entartung des Ordens macht, neuerdings auch B. v. Kugler[1] ausgesprochen, indem er meint, es sei gleichgültig, ob man eine förmliche templerische Geheimlehre oder bloss häretische Verirrungen innerhalb des Ordens zugebe.

Und mit der Behauptung von einem thatsächlichen Verschulden des Ordens, mag man dieses auch nur darin sehen wollen, dass er gegen die von vielen Mitgliedern geübten anstössigen Bräuche nicht einschritt, sondern das Uebel im Geheimen weiter um sich fressen liess, stehe ich ja nicht allein, sondern darf mich der Uebereinstimmung nicht bloss mit Hermann Reuter, sondern namentlich auch mit Ranke freuen. Das hätte Gmelin doch zu einiger Vorsicht mahnen sollen; aber er findet sich mit beiden Autoritäten ebenso schnell wie einfach ab. Gegen Reuter, der die Templerfrage in seiner „Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter“ II, S. 33 ff., berührt, bemerkt er (S. 63, Anm. 1) unter rühmender Anerkennung seiner sonstigen Verdienste, dass er in dem Streben, religiöse Aufklärung im Mittelalter nachzuweisen, zu weit gehe und mehr Aufklärung finde als zugestanden werden könne; Reuter’s Urtheil über die Acten des Templerprocesses (sie gewährten keine sichere Unterlage, seien aber nicht für völlig kritisch werthlos zu halten) erledigt er durch die Bemerkung:

  1. Allg. Zeitung. 25. December 1893.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_250.jpg&oldid=- (Version vom 13.5.2023)