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verbrieft, hatte Lieferungen an die Römische Kirche zur Folge gehabt[1]. So hatte sie, noch ehe sie nur ihr eigenes Vermögen für die Armen zu verwenden hatte, auf Kosten des Staates die Anhänglichkeit der nothleidenden Volksmasse erworben[2].

Der Papst machte überhaupt von seinem Vermögen den wohlthätigsten Gebrauch für private und gemeinnützige Zwecke. Viele verdankten es ihm, dass sie, durch sein Geld vom Feinde gelöst, aus der Kriegsgefangenschaft hatten heimkehren können[3], oder dass sie der Sklavenhändler, der sie an die Heiden verkaufen wollte, freigab[4]. Um das öffentliche Bauwesen erwarb sich der Papst grosse Verdienste; er erhielt die Mauern[5] der Stadt und die Wasserleitungen[6], die ohne ihn verfallen wären. So waren die Einwohner Roms durchaus päpstlich gesinnt und im übrigen Italien nahm die Stimmung für den Papst, den besten Vermittler zwischen Gott und den Menschen, den vornehmsten und mächtigsten, den reichsten und populärsten Mann, überhand.

Die Macht des Kaisers in seiner Provinz Italien war von entgegengesetzter Art. Von seinem Militärstaat waren die geistigen Kräfte gewichen; die Kräfte, die er noch aufzubieten hatte, waren nur noch militärische. Seine Reichsarmee betrug gegen Ende des 7. Jahrhunderts kaum 200 000 Mann, und sie

  1. Pragmatica Sanctio c. 22. Gregor I., Reg. V, 36 (mit Hartmann’s Anm. 3 S. 319). V, 38. 39. IX, 5. 106. 115. Diehl a. a. O. S. 129 f. Hartmann, Untersuchungen S. 100 ff. Jaffé, Regesta II, 697 zu Nr. 1631. Mass und Gewicht wurden auf Grund der Pragmatica Sanctio c. 19 vom Papst verwaltet.
  2. Ueber die päpstliche Armenpflege berichten die Biographien meist wenig Einzelnes, siehe z. B. Vita Severini c. 3, Theodori c. 1, Eugenii c. 1, Leonis II. c. 1, Benedicti II. c. 1, Sisinnii c. 1, Gregorii II. c. 20, Gregorii III. c. 1, Zachariae c. 27. Vgl. Liber diurnus 66. 67. Fabre, De patrimoniis romanae ecclesiae 1892 S. 50 f. Stutz, Verwaltung und Nutzung des kirchlichen Vermögens 1892 S. 26 ff.
  3. Vgl. Vita Symmachi c. 11, Severini c. 3, Johannis IV. c. 1, Johannis VI. c. 2, Zachariae c. 9. Diese Befreiung traf oft Gefangene aus dem ganzen Lande.
  4. Vita Zachariae c. 22.
  5. Vita Sisinnii c. 2, Gregorii II. c. 2, Gregorii III. c. 15. Die gleiche Thätigkeit bei Centumcellae (Vita Gregorii III. c. 16) erklärt sich aus der Zugehörigkeit der Stadt zum Römischen Ducat.
  6. Vita Honorii c. 5. Vgl. Pragmatica Sanctio c. 25; unter Gregor I. bestand noch der Curator formarum, oben S. 306 Anm. 1.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_307.jpg&oldid=- (Version vom 15.5.2023)