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die Reichsangehörigkeit nicht wesentlich war. Der Papst verleugnete seine Unterthänigkeit überall, wo sie die Erfüllung von Pflichten gefordert haben würde. Die Besetzung des päpstlichen Stuhles vollzog sich ohne den Kaiser. Hadrian begann ohne kaiserliche Bewilligung eigene Münzen zu schlagen[1], Griechen, Unterthanen seines Kaisers, die in seinem Lande Sklavenhandel trieben, warf er in den Kerker und ihre Schiffe verbrannte er[2]. In einem Brief, den er um der Religion willen 785 dem Imperator sandte, nannte er ihn zwar nach altem Brauche seinen Herrn, aber er bestritt zugleich die Fortdauer der ehemaligen Kaisergewalt, indem er schrieb, Karl habe dem Petrus Städte und Länder, auf die er berechtigt gewesen sei, zu ewigem Eigenthum restituirt[3]: er hiess den Kaiser seinen Herrn, der ihn doch nicht beherrschen sollte. Seine Urkunden zählte er bereits seit 781 nach seinen Pontificatsjahren und nach Christi Herrschaft, um seine unmittelbare Unterordnung unter seinen Gott auszudrücken, als ob er einen irdischen Herrn nicht mehr habe[4]. Die Byzantinische Regierung hat die päpstliche Landesherrschaft nicht anerkannt, ihr gegenüber war die Macht des Papstes von rein thatsächlicher Art, bis durch Karl’s Imperium das Land der Kirche zu einem Bestandtheil des occidentalischen Römischen Reiches geworden war[5].

Die für das Leben massgebenden Rechtsanschauungen waren nicht die von Byzanz, sondern die der Päpste mit ihren Landesangehörigen und die der Karolinger. Nach ihrer Ueberzeugung

  1. Gregorovius, Sitzungsberichte der philos.-philol. Klasse der Akademie zu München. Jahrgang 1885 S. 29. Engel et Serrure, Traité de numismatique du moyen-âge I, 284.
  2. Codex Carolinus S. 585.
  3. Migne 96, 1230. Mansi XII, 1075. Auf die Anrede des Kaisers als Herrn hat bereits Marca, De concordia sacerdotii et imperii III, 11, 7 aufmerksam gemacht.
  4. Jaffé, Regesta pontificum² S. 289. Auch Privaturkunden rechneten nach den Jahren des Pontificats, Beispiele 788, 789 Regesto di Farfa II S. 122. 123.
  5. Theophanes I, 472 (ed. de Boor) datirt die Beendigung der Reichsgewalt von der Wiedereinsetzung Leo’s III. 799, thatsächlich nicht ganz unzutreffend, aber staatsrechtlich unrichtig. Die Angabe von Manasses 4500 S. 199 und Notker, Mon. Sangall. I, 26, Leo habe damals zuerst bei dem Kaiser Hilfe gesucht, beweist nur die Erinnerung, dass Rom noch zum Byzantinischen Reiche gehörte.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 325. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_325.jpg&oldid=- (Version vom 17.5.2023)