Seite:De DZfG 1894 11 331.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
IV. Der Schutzvertrag.

Die Landesherrschaft hatte den Papst angreifbarer gemacht, als er in der Zeit einer nur geistigen Herrschaft gewesen war. Zu seinen alten Gegnern, den Langobarden, deren mit den Waffen erworbenen Besitz die territorialen Verheissungen Pippin’s schmälerten, kam die Feindschaft des Kaisers, welchen der Papst mit Karolingischer Unterstützung in seinem Gebiete an der Ausübung der Reichsgewalt verhinderte, und im eigenen Lande drohte ein Kampf mit begehrlichen Aristokraten aus irdischen Interessen zu beginnen. Den alten und den neuen Feinden gegenüber war seine weltliche Macht, darüber täuschte sich Stephan II. im J. 754 nicht, unzulänglich. Er sagte sich, dass der Kaiser, der ihm bisher nicht hatte helfen können, hinfort schwerlich ihm in seinen Bedrängnissen werde helfen wollen, hatte er doch durch die Landverheissungen den Anspruch auf seinen Beistand verwirkt.

Für die gemäss der Karolingischen Intervention ihm zustehenden Ländereien mochte der Römische Politiker aus dem Vertrage über das Territorium selbst die Pflicht des Königs ableiten, diesen Besitz dauernd zu gewährleisten, weil ein dem Petrus gegebenes Versprechen nicht erfüllt wäre, wenn seine Kirche nicht im Besitz erhalten, sondern ihrem Schicksal überlassen wurde[1]; allein für Rom und seinen Ducat, die 754 als bereits besessen nicht verheissen waren, liess sich so eine Schutzpflicht nicht folgern. Auch ersetzte die beschränkte territoriale Garantie keineswegs den Verlust der allgemeinen Staatshilfe. Das Bewusstsein, von Kaiser und Reich verlassen zu sein, erweckte den Wunsch Stephan’s II., diejenige Function des Staates, welche für ihn die wichtigste war, so wieder zu gewinnen, dass er nur Rechte, aber keine Pflichten erhielt. Es gelang ihm, mit dem Fränkischen

  1. Vgl. Fredegar IV, 120 S. 184. Codex Carolinus S. 541, 41. 568. 577. Wie eine derartige Sicherung Erfüllung des Landversprechens sein mochte, so entsprangen auch diejenigen Handlungen, welche die Landverheissungen ausführten, nicht dem Vertheidigungsvertrage, sondern dem territorialen Versprechen. Gleichwohl werden sie von den Päpsten oft Vertheidigung genannt, weil die Gerechtsame des Petrus für den rechtmässigen Eigenthümer vertheidigt, von fremder, unrechtmässiger Gewalt befreit werden sollten, so z. B. Codex Carolinus S. 491, 27. 516. 525, 25. 563, 30. Vita Hadriani c. 26.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_331.jpg&oldid=- (Version vom 17.5.2023)