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Kirche zugesagten Gebiete sich selbst zum Landesherrn machen wollte[1], aber als Leo III. gegen die Aufständischen im Jahre 799 an Karl sich wandte, war es die Schutzpflicht, die er in Anspruch nahm; in seiner Eigenschaft als Beschirmer hat Karl ihn restituirt und die Missethäter unschädlich gemacht[2]. Früher hatte er gegen einen Mann, der 770 auf unrechtmässige Weise das Amt des Erzbischofs von Ravenna in Besitz genommen hatte, seine Unterstützung gewährt, um den Inhaber aus dem Amte zu entfernen[3].

Das Fränkische Reich hätte einen gleichen Vertrag mit jedem Herrscher schliessen können, indem es ihm sein Land und eine sichere Regierung garantirte. Bei einem Abkommen, welches der Römischen Kirche galt, kam zu dem weltlichen Inhalt ein kirchlicher hinzu, der nur für den Papst möglich war: auch der Schutz des Römischen Glaubens ist aus der Vertragspflicht abgeleitet worden[4], ohne dass die Karolingische Regierung der Folgerung entgegengetreten wäre. Pippin und Karl gegenüber bedurfte es dessen kaum. Diese Fürsten hielten sich für berufen, den christlichen Glauben mit geistlichen wie mit weltlichen Mitteln zu vertheidigen. Auch der Papst zog es meist vor, seine Forderung nicht als eine vertragsmässige, sondern als ein gottgefälliges, jedem katholischen Regenten geziemendes Thun darzustellen[5]. So lobte Paulus I. Pippin für das, was er für den Schutz des orthodoxen Glaubens gethan hatte, und erwartete von ihm, dass er wider die Griechen, die Feinde der Kirche und der Orthodoxie, die rechte Lehre vertreten werde[6].

  1. Ebd. S. 568 f. 579 f. Oben S. 331 Anm. 1.
  2. Alcuin, Carm. 45, 63 (Dümmler I, 258) lässt ihn diese Thätigkeit als patronus, der Poeta Saxo II, 620, Jaffé IV, 593 als defensor vornehmen, während Einhard, Vita Caroli c. 28 sich unbestimmter ausdrückt. Vita Leonis III. c. 23. Vgl. Simson, Karl II, 173. 242 f.
  3. Vita Stephani III. c. 26. Codex Carolinus S. 621.
  4. Vgl. Codex Carolinus S. 649, 26. 651, 37. 652, 4.
  5. Diese ältere Staatsphilosophie (siehe z. B. 550 Mon. Germ., Epist. II, 68) tritt jetzt im Codex Carolinus meist wie eine Formel oder ein Titel auf, siehe Codex Carolinus S. 506, 37. 509, 15. 510, 14. 523, 4. 530. 531. 537, 23. 539, 13. 541, 21. 544, 13. 550, 27. 551, 15. 552, 11. 553. 554, 37. 555, 2. 556, 1. 558, 9. 579, 16. Der defensor fidei sollte nach der Meinung des Papstes auch untüchtige Römische Priester mit einem Fränkischen Bisthum versorgen, das. 530, 1. 535.
  6. Ebd. S. 536. 537, 2. 538, 17. 539, 15. 545, 10. 549.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 334. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_334.jpg&oldid=- (Version vom 18.5.2023)