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Gewalten dem Königthum der Franken und der Langobarden nachgesetzt. Der Patriciat war so durchaus weltlich, dass er möglich gewesen sein würde, auch wenn der Landesherr nicht eine Kirche gewesen wäre[1].

Die Gewalt des Patricius gehörte schon ihrem Titel nach dem Staatsrecht an. Das für sie gültige Staatsrecht war weder das Fränkische noch das Römische. Der Exarch hatte das Heer befehligt, Aemter besetzt, gerichtet, das Finanzwesen geleitet, auch Einnahmen bezogen und die Papstwahl bestätigt; er hatte im Jahre 751 in Ravenna andere Befugnisse besessen als in Rom[2]. Der Karolinger sollte nicht Rechtsnachfolger des Exarchen sein; ein Eintritt in die Rechte des Exarchen war auf keiner Seite gewollt, weder auf der des Papstes noch auf der des Königs. Die Karolingischen Patricii haben kein Recht beansprucht oder geübt, weil der Exarch es gehabt hatte; der Exarch hatte die Pflicht, seine Provinz zu vertheidigen; die Vertheidigung des päpstlichen Landes war jetzt der Gegenstand eines besonderen Vertrages; für die Karolinger war das Land der Kirche ein gleichartiges Territorium; sie führten dort keine ordentliche, keine regelmässige Verwaltung und an der Besetzung des päpstlichen Stuhles hatten sie sich nicht zu betheiligen. Der Exarchat ist für die politische Geschichte eine Voraussetzung des Patriciats gewesen[3], aber die Rechtsgeschichte des Patricius Romanorum hatte 754 neu zu beginnen.

Alle Befugnisse des Karolingers in der Respublica Romanorum sollten im Patriciat einen besonderen Rechtsgrund haben[4].

  1. Die defensio ecelesiae halten für einen Bestandtheil des Patriciats z. B. Marca a. a. O. I, 12, 4. Baronius, Annales 740 Nr. 8. Pagi, Critica in annales Baronii 789 Nr. 7. Le Cointe, Annales 754 Nr. 57.
  2. Vgl. Diehl a. a. O. S. 175 ff.
  3. Die Schreiben der Päpste an die Patricii entlehnen z. B. Codex Carolinus S. 493, 41 die subscriptio und S. 509, 5 die superscriptio der Vorschrift des Liber diurnus I, 3, auch der Eingang der Anzeige einer Papstwahl S. 508 ist nach Liber diurnus 59 verfasst. Diese und sonstige Anschlüsse des Codex Carolinus an den Liber diurnus bezüglich des Exarchen spiegeln Erinnerungen und Vergleiche der Römer wieder, ergeben aber keine Rechtscontinuität des Amtes des Exarchen und der Würde des Patricius. Auch die gleichen Empfangsfeierlichkeiten, welche Vita Hadriani c. 35 bemerkt, bedeuten kein gleiches Recht, vgl. auch Vita Sergii c. 3, Vitaliani c. 2, Sergii II. c. 9.
  4. Vgl. Codex Carolinus S. 622, 5. 635, 17.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1894, Seite 343. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1894_11_343.jpg&oldid=- (Version vom 18.5.2023)