Seite:De DZfG 1895 12 016.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

ergebenen Bischof zu seinem Vicar in Gallien und Germanien zu ernennen: so hoffte er vermittelst der kirchlichen Angelegenheiten auch auf die weltlichen zu wirken[1].

Die gesetzgebende Gewalt des Imperiums hat sich nicht mehr auf den Papst erstreckt. Wie die weltlichen Reichsgesetze nicht für das Land des Papstes, so galten die Reichsgesetze kirchlichen Inhalts nicht für die Kirche des Papstes; daher nahm auch der Papst an der Berathung der Erlasse keinen Theil[2]. Der Imperator hatte schlechte Gebräuche der Römischen Kirche abzustellen und gute zu erzwingen; so forderte ihn 829 die Pariser Synode auf, seine kaiserliche Gewalt zur Beseitigung der Simonie in der Römischen Kirche anzuwenden, und an einen Römischen Priester erging auf Antrag Leo’s IV. der kaiserliche Befehl, zu seinem Amte zurückzukehren[3]. Der Papst fuhr fort, Italienische Concilien abzuhalten, ohne einer Erlaubniss des Kaisers zu bedürfen; Sergius II. beabsichtigte zwar einmal, um Genehmigung zu bitten und sein Nachfolger hat 853 eine Synode auf Befehl des Kaisers geladen, aber da der Papst in den meisten Fällen frei handelte, so sind auch jene beiden Ereignisse nicht Rechtspflicht und nicht Rechtsausübung gewesen[4]. Auch die

  1. Sergius II. Juni 844 an den Episcopat unter Vorbehalt aller Rechte Lothar’s, Migne 106, 915. Vgl. Leo IV. 851 an Lothar I., Neues Archiv V, 381 f.
  2. Vgl. S. 14 Anm. 4, S. 20 Anm. 2 und Otto I. 962, Mon. Germ., Constitutiones I, 21. Stellen wie Capit. II, 125, 9 oder c. 13 der Römischen Synode (871–878), Wiener SB. 91, 787 stehen nicht entgegen. Vgl. Baronius, Ann. 847 Nr. 11, Baluze 1676 in der Praefatio § 21 ff. seiner Capitularienausgabe. Hiervon ist zu unterscheiden, wenn Leo IV. 853 Lothar gegenüber die Erklärung abgab, er wolle (im Reiche Lothar’s) die Gesetze der Kaiser und die Kanones der Päpste halten, Migne 115, 671 (Gratian I, 10, 9), Jaffé 2643, vgl. Leo IV. an Lothar I. und an Coloroth, Migne 115, 657. 671 (Jaffé 2603. 2609). Es begann damals eine Zeit, in der die Päpste sich über beiderlei Recht hinwegsetzten und auch von ihnen behauptet wurde, selbst der Kaiser müsse den päpstlichen Decreten gehorchen, aber der Papst stehe über dem weltlichen Recht, vgl. z. B. Bened. Levit. I, 402 = Angilramnus II, 16 = Pseudo-Isidor S. 137. 222 f. 683. Nicolaus I. 863–865, Pflugk-Harttung, Acta II, 57 S. 28. Migne 119, 882. 926. Johannes VIII., Neues Archiv V, 307 (Jaffé 2723. 2765. 2789. 2990). Karl selbst hat die päpstliche Gesetzgebungsgewalt durch Verbreitung von Decretalen gefördert, Annal. Lauresham. 802 SS. I, 39. Vgl. Hinschius, Kirchenrecht III, 705 ff. 714 ff.
  3. Paris I, 11, Mansi XIV, 544. 853. Mansi XIV, 1017. Annal. Bertin. 868 S. 92. Vgl. das kaiserliche Schreiben an Venerius 827, Ughelli (Anm. 4) V, 1104.
  4. Sergius II. 844–847 an Andreas, Ughelli-Coleti, Italia sacra V, 39.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_016.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2023)