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erworbene Autonomie im Jahre 769 durch Feststellung einer jeden Fremden ausschliessenden Ordnung über Wähler und Wählbarkeit offenbart. Die auf der beschliessenden Synode mitwirkenden Fränkischen Bischöfe waren nicht zur Wahrung der Karolingischen Wahlinteressen abgesandt, die Karolingische Regierung liess die Satzung ohne Weiteres gelten[1].

Ein Herrscher, der in der ganzen Christenheit und auch in dem gesammten Fränkischen Reiche wirkte, mit dem die Karolinger als Patricier und als Könige in staatsrechtlichen, völkerrechtlichen und kirchenrechtlichen Verhältnissen standen, dieser Würdenträger wurde erkoren von den Einwohnern einer einzigen Stadt. Ihr Wahlrecht war sonderbarer, als wenn die Berliner den Vorsteher des Deutschen Reiches zu wählen hätten. Zwar setzten sich die Wähler zugleich einen Landesherrn ein, so dass sie auch ihren weltlichen Interessen in dem Wahlfürstenthum Rechnung tragen mochten, aber von Rechts wegen galt ihre Regierungshandlung nicht der Landesherrschaft, sondern der Kirche.

Das Karolingische Kaiserthum hat diese Rechtsstellung nicht verändert. Karl hat als Imperator eine neue Besetzung des päpstlichen Stuhles nicht mehr erlebt. Die ersten Wahlen unter seinem Sohne verliefen nicht anders als die der vorkaiserlichen Zeit; Ludwig bestätigte 817 der Römischen Kirche ihre bisherige Ordnung, ohne sie durch kaiserliche Befugnisse zu beschränken; er pactirte kein anderes Recht als das auf Anzeige der Wahl nach der Consecration[2]. Der Kaiser hatte für Einhaltung der

  1. Ueber die Synode 769 Vita Stephani III. c. 16 f. 20, vgl. c. 3. 11. Actenstücke von 769 bei Mansi XII, 713 ff. Duchesne, Liber pontificalis I, 480.
  2. Die Erfüllung dieses Anspruchs nennt 816 die Vita Hludowici c. 26 SS. II, 620 satisfacere, etwas abweichend von der Vorlage Annal. Einhard. 816 SS. I, 203; ähnlich steht satisfacere z. B. Liber diurnus 70 S. 66 und Codex Carolinus S. 508, 12. 652, 31. Im Jahre 817 entschuldigte sich der Papst, wie es kirchliche Sitte war, dass er die Würde übernommen habe, vgl. Annal. Einhardi 817 SS. I, 203 und Vita Hludowici c. 27 SS. II, 621 mit Liber diurnus 84 f. S. 94. 104. Es entspräche das dem Hergang z. B. in der Vita Valentini c. 6, Benedicti III. c. 5 und dem von 796, wenn die von Rettberg, Kirchengeschichte II, 595 vorgeschlagene, neuerdings (siehe oben S. 338) gebilligte Auslegung die richtige ist. Das Privileg von 817 (bei Th. Sickel a. a. O. S. 176 f.) ordnet über die Papstwahl nichts Neues
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_019.jpg&oldid=- (Version vom 20.5.2023)