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Beamten oft lässig und gegen ihre Missbräuche bei Verwandten, Günstlingen oder Mächtigen oft nachsichtig gewesen waren, auch waren zahlreiche Uebelthaten niemals zu ihrer Kenntniss gelangt[1].

Die beste Deutsche Dynastie, die Karolingische, hätte nicht gemeint, Staatsgewalt zu haben, wenn sie den höchsten Beruf des Altdeutschen Herrscherthums, die Pflege des Rechts, nicht übte. Um der Rechtsunsicherheit im Kirchenlande hinfort vorzubeugen, haben auf Initiative der kaiserlichen Regierung Kaiserthum und Papstthum 824 einen Vertrag geschlossen, welcher im Interesse beider Contrahenten die Privatrechte der Kirchenleute gewährleisten sollte. Die Vertragschliessenden gingen bei ihrer Vereinbarung von der Voraussetzung aus, dass die beiden Herrscher selbst gewillt seien, Recht zu geben und dass sie nur besser als bisher von geschehenem Unrecht benachrichtigt werden müssten, um den Rechtsschutz zu bieten. Bei dieser Annahme war es möglich, dass die päpstliche Gewalt fast ungeschmälert aus den Verhandlungen hervorgegangen ist.

Die Contrahenten richteten in Rom für das päpstliche Territorium eine neue Behörde ein, deren eines Mitglied der Landesherr und deren anderes der Oberherrscher ernannte. Diese Bevollmächtigten hatten zunächst den Auftrag, Klagen über die Landesbeamten dem Papste zur Anzeige zu bringen, und der Landesherr sollte den beiden Beamten gebieten, die Sache in seinem Namen zu richten; die einzige Beschränkung, die er sich hierbei auferlegte, war die, dass er nur durch die Commissare, die sich gegenseitig controllirten, handeln durfte. Wenn der Papst jenen Dienstbefehl nicht ertheilte, so zeigte es der vom Kaiser ernannte Beamte seinem Herrn an, welcher, ohne eine Einwirkung auf den Papst zu versuchen, zur Herstellung des Rechts besondere Vertreter abzuordnen hatte. Ueberdies erstatteten ihm beide Bevollmächtigte jährlich Bericht über die Einhaltung der Ordnung von 824 und über die Amtsführung der päpstlichen Gerichte[2].

  1. Vgl. Annal. Einhard. 815. 824 SS. I, 202. 213. Vita Hludowici c. 25. 38 SS. II, 620. 628. Capitularia I, 323, 6.
  2. Capitularia I, 323, 4. Ungenau berichtet Vita Hludowici c. 38 SS. II, 628. Ständige Beamte nehmen an z. B. Giesebrecht, Kaiserzeit I5, 872. Baxmann, Politik der Päpste I, 333. Jung, Forschungen zur Deutschen
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_033.jpg&oldid=- (Version vom 22.5.2023)