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seines Vaters jenes Abkommen geschlossen hatte, liess es verfallen. Denn, als er für den regierungsuntüchtig gewordenen Sergius II. dessen Bruder zum Stellvertreter ernannte, bestellte er einen Vertreter, welcher Kirchen und Volk berauben konnte[1], weil die 824 angeordneten Bevollmächtigten fehlten. Ludwig II. setzte wahrscheinlich in einem Conflict mit Nicolaus zur Wahrung und Ausübung seiner Rechte in Rom zwei Geistliche ein, welche sich auf die antipäpstliche Partei, mit deren Rath sie bestellt wurden, stützten und ein Sammelpunkt für die Gegner des Papstes waren[2]. Die Folge solcher dem Papste unerwünschter Machthaber war die, dass die päpstliche Politik die Aufhebung des Amtes überhaupt erstrebte. Sie erreichte wohl von Karl dem Kahlen eine Zusage, das Amt unbesetzt zu lassen, was im Zusammenhang mit dem Niedergang der Karolingischen Kaisermacht auf eine zeitweise Beseitigung des Amtes hinauslief[3]. Der kaiserliche Versuch, einen Stellvertreter in Rom zu halten, das einzige wirksame Mittel für die praktische Geltung der Kaiserrechte, war gescheitert. Gegen Ausgang des 9. Jahrhunderts befanden sich die Römer wieder in derselben Lage, in der sie sich vor 824 befunden hatten: sie reisten zum Kaiser, um seine Hilfe zu erlangen[4].

    König Karl III., die Sendung von Bevollmächtigten erbittet, die mit päpstlichen Commissaren gemeinschaftlich de omnibus justitiam faciant (Migne 126, 907), so handelt es sich wie bei seinem ähnlichen Schreiben an den Kaiser im Juli 881, das. 126, 935, um Wahrung päpstlicher Gerechtsame.

  1. Vita Sergii II. c. 40–42. Duchesne z. d. St. S. 103 hält ihn für einen vom Papste auf Grund der Constitution von 824 bestellten Missus.
  2. De imperatoria potestate SS. III, 721, wohl glaublich. Vgl. Vita Nicolai c. 63. Lapôtre a. a. O. LXI, 467.
  3. Ebd. S. 722. Die in ihrer Fassung mehrdeutige, in ihrer Glaubwürdigkeit zweifelhafte Mittheilung eines späteren Schriftstellers ergibt noch keine vertragsmässige Aufhebung des Amtes überhaupt, vgl. dagegen das Privilegium Otto’s I. 962 § 15 und auch Mon. Germ., Dipl. II, 820. Die Darstellung, welche jene Schrift S. 720 f. von den kaiserlichen Gerichten und den an den Kaiser kommenden Vermögensstrafen gibt, wage ich nicht zu verwerthen, siehe z. B. Hirsch a. a. O. XX, 142 f. und in der Historischen Zeitschrift 57, 259 f. gegen Jung a. a. O. und Gasquet (oben S. 344) S. 440 ff. Vgl. Waitz V², 89. Dümmler a. a. O. II, 399.
  4. Lambert hat ihnen 898 für ihren Weg an seinen Hof Frieden gewirkt, Capitularia II, 124, 2. Vgl. Lapôtre a. a. O. LXI, 465.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_035.jpg&oldid=- (Version vom 22.5.2023)