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des Hauptes des Imperiums, in der Hand der Feinde war, so frugen die Völker: wo ist der Kaiser[1]? Er war von Rechts wegen der Vertheidiger der Römischen Kirche, er hat es bei seiner Krönung öffentlich bekannt[2].

Auch der Bundesvertrag war durch das Kaiserthum nicht aufgehoben oder inhaltlich verändert, obgleich der eine Contrahent jetzt dem Reiche des anderen zugehörte. Leo III. versicherte den Kaiser Karl seiner unwandelbaren bundestreuen Gesinnung, aber als er ihn überlebte, liess er die Thronbesteigung seines Sohnes unbeachtet vorübergehen; erst sein Nachfolger holte die Erneuerung des Bündnisses 816 persönlich nach. Mit dem nächsten Papste vereinbarte Ludwig I. 817 nochmals, dass jeder Papst, so wie es unter den Vorfahren gewesen sei, verpflichtet bleiben solle, den Bund nach seiner Weihe mit dem Kaiser zu erneuern[3].

Ehe das Abkommen eine Anwendung erfuhr, wurde es 824 durch ein neues ersetzt. Der Zeitpunkt der päpstlichen Handlung wurde vor die Consecration verlegt, um zu verhüten, dass ein Papst ohne diese Leistung den Stuhl Petri besteige. Ferner sollte nicht mehr der Papst die Initiative ergreifen, sondern der Kaiser Commissare nach Rom abordnen, um die päpstliche Erklärung abzunehmen; man einigte sich endlich über eine Formel, nach welcher der Gewählte zu schwören hatte. Der wesentliche

  1. So schrieb Johann VIII. 877 an Richildis, Migne 126, 713 f.
  2. Welcher Kaiser zuerst bei der Krönungsfeier sich als Beschützer der Römischen Kirche bekannt hat, ist unermittelt. Agnellus c. 94 S. 338 behauptet fälschlich einen Eid Karl’s bei der Krönung, ohne eine Angabe über den Inhalt zu machen; die von Baronius 800 Nr. 7 jenem Jahre zugeschriebene Formel gehört in die Ottonenzeit, Diemand, Das Ceremoniell der Kaiserkrönungen von Otto I. bis Friedrich II. 1894 S. 108 f. Das älteste der uns erhaltenen Formulare, bei Waitz, Formeln der Deutschen Krönung 1873 S. 62, vgl. S. 60 f. 68, kennt keinen Eid. Von der späteren z. B. Capitularia II, 351, 1 vertretenen Vorstellung aus, dass der Kaiser der besondere Schutzherr der Römischen Kirche sei, hat ein Fälscher die Urkunde bei Jaffé Nr. 2504 verfasst und Notker als Mönch von St. Gallen I, 26, Jaffé IV, 658, Karl’s Krönung dargestellt. Vorgängige Versprechungen verlangte z. B. Johann VIII. 880 von Karl III., Migne 126, 883, vgl. Sp. 919 f. (Jaffé 3288. 3333) und Wido gab sie 889, Capitularia II, 104, 1. 106. Vgl. Johann VIII. 877 f. an Karlmann, Migne 126, 744. 771.
  3. Die Schreiben Leo’s III. an Karl bei Jaffé IV, 311 f. 334. Vgl. Hampe in dieser Zeitschr. XI, 357 ff. Ueber 816 u. 817 oben S. 37 Anm. 3.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_040.jpg&oldid=- (Version vom 22.5.2023)