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chronographischen, schematischen Zahlen, zu welchen wir gelangt sind, sind aber blosse Näherungswerthe und entsprechen noch nicht der historischen Wirklichkeit; um diese zu erreichen, wäre noch eine Correctur nöthig. Eine solche Correctur aber mit der erforderlichen Genauigkeit vorzunehmen, würde es der Heranziehung mindestens einer anderen Orientalischen Königs- oder Beamtenliste bedürfen, welche in sich genau durchgearbeitet und mindestens für ein Datum unzweifelhaft festgelegt wäre. Bis das gelingt, muss man sich mit den angenäherten Zahlen begnügen und kann höchstens einzelne innerhalb der von vorne herein bestimmten Fehlergrenzen empirisch berichtigen.

Damit wäre also die Aufgabe des Historikers zunächst zu Ende. Für den Literarhistoriker, für den Freund des alten Testamentes, bleibt indessen noch eine Frage, die nach den Synchronismen in den Königsbüchern. Diese näher zu betrachten, was man sonst wohl als überflüssig unterlassen würde, verlohnt sich bei einem Buche, das als solches eine so gewaltige welthistorische Bedeutung erlangt hat, schliesslich auch wohl der Mühe.

Was nun diese Synchronismen anbetrifft, so haben wir gesehen, dass nur zwei von ihnen ursprünglich überliefert gewesen sein müssen und dass diese mit den übrigen in Widerspruch stehen. Daraus ergibt sich mit Bestimmtheit, dass die grosse Masse der Synchronismen errechnet worden ist, und wir haben bereits für die letzten Zeiten des Königsreichs Israel gesehen, wie weit diese Berechnung zuweilen von der Wahrheit abweicht, indem ein Fehler nothwendig einen zweiten und dritten im Gefolge hat. Theoretisch lässt sich freilich die Möglichkeit nicht ganz abweisen, dass dem Synchronisten für die ersten Jahrzehnte des getheilten Reiches ein paar Gleichzeitigkeiten, an welche er anknüpfen konnte, mehr vorgelegen haben, als uns. Die Kriegszüge, welche die Könige von Juda und Israel gegen einander unternahmen, mussten doch in beiden Jahrbüchern aufgezeichnet werden, und wir können weder sagen, wann diese Jahrbücher zu Grunde gingen, noch wann der Synchronist lebte. Dem Verfasser der Chronik haben jedenfalls noch Berichte über diese Kriege vorgelegen. Es ergab sich weiter, dass die Synchronismen errechnet sein müssen, nachdem die Interpolation der Jahre des Jerobeam II. bereits stattgefunden hatte, und dass der Synchronist die überlieferten Gleichzeitigkeiten stehen liess,

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br. und Leipzig: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1896, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_069.jpg&oldid=- (Version vom 23.5.2023)