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und in Gunst beim Kaiser; er werde von Frankreich protegirt, und es sei Niemand da, der ihn ersetzen könnte. Er sei aber wegen der inneren Lage sehr niedergeschlagen. Der Zustand der Finanzen sei verzweifelt, man kenne kein Mittel mehr, sie zu heben, da scharfe Mittel vom Kaiser nicht genehmigt würden. Die Unterdrückung der Agiotage wäre doch auch nur ein Palliativmittel, und auch dazu fehle die Energie. Eine zehnprocentige Kapitalsteuer sei wirksam und in Böhmen leicht eingegangen, aber sie bringe nur 500 Millionen Gulden, während die Masse der Bankbillets 950 Millionen betrage. Auf den Verkauf der Domänen und kirchlichen Güter sei nicht zu rechnen; ein Radicalmittel wäre, Ungarn wie die übrigen Theile der Monarchie zu den Staatskosten heranzuziehen; man bereite dort einen Reichstag vor, aber bei der Milde des Kaisers seien energische Mittel nicht anwendbar, und der Erzherzog-Palatin mache ihm zahlreiche Schwierigkeiten. Das Beste wäre vielleicht, die ganze Gewalt in der Hand eines Premierministers zu concentriren, aber das werde nicht geschehen. Die Bankschuld von 950 Millionen wäre übrigens nicht schlimm, da noch Reichthum genug im Lande stecke.

In einer Depesche vom 24. November 1810 wiederholt Humboldt die Schilderung der inneren Verhältnisse noch energischer. Er hält Preussen im Vergleich zu Oesterreich hinsichtlich seiner Verwaltung und seiner Finanzen für glücklich. Es gäbe dort keinen aufgeklärten und unterrichteten Mann, der nicht sage, dass diese Monarchie sich am Rande eines schrecklichen Abgrunds befände, aus dem sie nur durch einen glücklichen Zufall gerettet werden könne. Die Papiere fallen unaufhörlich, gegen Ende September galten 100 Gulden Conventionsmünze 470 Papier, jetzt 830; es sei gar keine Aussicht auf Rettung. Der Verkauf der Domänen und Kirchengüter bringe wenig und werde noch weniger bringen, zumal man unter der Hand dagegen arbeite… Der Hauptfehler liege in der falschen Finanzverwaltung und der mangelhaften Betheiligung Ungarns an den Staatslasten. Die Fehler des Grafen O’Donnell zeigen sich jetzt auf’s deutlichste. Augenblicklich kenne man kein Mittel mehr, um den Zustand der Finanzen zu bessern, Graf Wallis und Metternich gestehen es offen ein; der Kaiser wolle Ungarn gegenüber keinen anticonstitutionellen Schritt thun. Die Befürchtung sei vorhanden,

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_089.jpg&oldid=- (Version vom 24.5.2023)