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Gelingen der Sache sehr am Herzen lag, gemüssigt, allerlei Bemerkungen über die ungünstige Lage Friedrich’s des Grossen und über die Friedenssehnsucht der Engländer beizufügen, die sich bis zu der Behauptung zuspitzten, das Londoner Cabinet werde nichts dawider haben, wenn ganz Schlesien an Oesterreich zurückfiele. Reischach berichtete den Vorfall seiner Regierung, die mit einer äusserst kühlen Abweisung antwortete.

Friedrich der Grosse erhielt nach Erledigung der Sache durch seine Londoner Gesandten davon Kenntniss und auf seine Klagen darüber von den Englischen Ministern eine Copie des bezüglichen Schriftwechsels, in der nur der Name Ludwig’s vermieden war. Der König und mit ihm die neueren Darsteller, Schäfer, Dunker, sahen darin verrätherische Umtriebe, in der Meinung, die der Preussischen Regierung übermittelten Documente seien unvollständig gewesen. Geheime Informationen über den Bericht Reischach’s, der auch die Aeusserungen Ludwig’s – wiewohl in richtiger Scheidung von denen Bute’s – in sich schloss, mögen Friedrich darin bestärkt haben.

Ich hatte nun gezeigt, dass Ludwig jene Aeusserungen, die allein als Verrath gedeutet werden konnten, ohne jede Autorisation gethan hat, dass weder der amtliche Auftrag Bute’s noch Newcastle’s Brief an Yorke dergleichen enthalte. Michael gibt dies zu, meint aber, darauf käme es nicht an. Aus dem Briefe Newcastle's an Yorke gehe hervor, dass man Oesterreich habe zufrieden stellen wollen, also habe Ludwig mit seiner Behauptung, England sei geneigt, einem Rückfall Schlesiens zuzustimmen, nicht so unrecht gehabt. Er sagt (S. 284): „Der moderne Historiker aber darf an den Zufälligkeiten der Form nicht haften bleiben. Er hat die Willensäusserungen der Regierenden zu suchen, wo er sie findet.“

Gesetzt nun den Fall, in dem vertraulichen Schreiben Newcastle’s an Yorke sei wirklich eine derartige Gesinnung documentirt, wie sie Ludwig den Englischen Ministern unterschiebt, so ist doch in erster Linie zu fragen, ob der erste Lord des Schatzes und mit ihm Bute gewollt hat, dass diese Gesinnung dem Wiener Hof bekannt gegeben würde. Nach den vorliegenden Schriftstücken lag den Englischen Ministern eine solche Intention, die man allerdings verrätherisch hätte nennen müssen, vollkommen fern, sonst hätte Newcastle oder Bute den Gesandten Yorke beauftragt, Ludwig über ihre Wünsche hinsichtlich Schlesiens und des Friedens, wenn auch nur andeutungsweise, zu informiren und ihn wissen zu lassen, dass man es gern sähe, wenn der Wiener Hof von diesen Wünschen Kenntniss erhielte. Solche Aufträge an Gesandte, in Chiffern gegeben, sind doch nichts Ungewöhnliches. Andernfalls war Yorke gar nicht berechtigt, derartiges

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_161.jpg&oldid=- (Version vom 25.5.2023)