Seite:De DZfG 1895 12 235.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

In Wirklichkeit war der Staatsstreich vom August 1254 von langer Hand vorbereitet, war dieser erste Vorstoss gegen die letztwilligen Verfügungen Konrad’s IV. nur die Einleitung zu einem grossartig angelegten Intriguenspiel, das mit der Entthronung Konradin’s, mit der Erhebung Manfred’s auf den Thron der Normannenkönige schliessen sollte. Manfred und die Lancia waren nicht mehr gewillt, mit dem Deutschen Konradin eine so gefährliche Probe zu machen, wie mit dem Vater Konrad IV. Noch aber war die Zeit, die Karten offen aufzudecken, nicht gekommen, noch bedurfte man derjenigen, die zwar Gegner des Deutschen Capitäns, aber nicht Gegner des legitimen Königthums waren, noch bedurfte man vielleicht auch der Legitimirung des Staatsstreiches durch die Vormünder Konradin’s. Gewiss gingen die Fäden der Intrigue von den Lancia aus, den Todfeinden Berthold’s, die gleich nach dem Staatsstreich wieder in leitender Stellung erscheinen[1], aber auch Manfred hielt sie von Anfang vollbewusst in Händen.

Die Legende von dem freiwilligen Rücktritt Berthold’s und der Uneigennützigkeit Manfred’s geht auf Nicolaus de Jamsilla zurück; Schirrmacher[2] steht ganz unter ihrem Einflusse, und auch Rodenberg[3] hat sich zu wenig von derselben emancipirt. Und doch ergibt eine Prüfung der Arbeit Jamsilla’s, dass er von Anfang bis zu Ende die Tendenz verfolgt, die Handlungsweise Manfred’s zu rechtfertigen. Gerade an unserer Stelle[4] verräth sich der Charakter der Schrift besonders deutlich, es ist nicht zufällig, dass Jamsilla gerade hier so viel Anwaltsberedsamkeit aufbietet; soll die Krönung Manfred’s im Jahre 1258 als ein lediglich durch äussere Umstände nothwendig gewordener Act glaubhaft gemacht werden, so muss der Vorstellung begegnet

    dasselbe Recht, wie Friedrich II., über die Regentschaft für seinen Sohn zu verfügen? Und hat denn Manfred wirklich die Politik Friedrich’s II. fortgesetzt? Haben nicht er und das Haus Lancia den Gegensatz zwischen Deutschen und Italienern ebenso grossgezogen, wie Konrad IV.?

  1. Vgl. Jamsilla l. c. 542 D, E: „Ipso enim Gualvano (Lancia) ad principem veniente multis cogitationibus se princeps exoneravit, cum ipse Gualvanus tantae quidem prudentiae ac strenuitatis esset, quod de toto guerrae negotio princeps sibi secure posset incumbere et ipse tamquam dominus sine cogitatione aliqua remanere“.
  2. a. a. O.
  3. a. a. O.
  4. l. c. 507 E–510 E.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_235.jpg&oldid=- (Version vom 3.6.2023)