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ausweiche, als ob das ganze Aufgebot des päpstlichen Kriegsapparates in seiner Hand nichts Anderes bezwecke als den Fürsten Manfred sich zu Willen zu machen, um auf diesem Wege wieder zu einer selbständigen Macht über die beiden kriegführenden Parteien sich zu erheben. Es war schon im Jahre 1254, seit der Festsetzung Manfred’s in Luceria, eine gewisse Unsicherheit des Markgrafen zu bemerken, zu erkennen, wie der Deutsche Capitän die Möglichkeit einer Aussöhnung mit dem Fürsten, zu der es doch thatsächlich schon zu spät war, sich offen zu halten suchte. Auch jetzt rechnet er noch mit der Möglichkeit einer Verständigung, auch jetzt ist er mit sich noch immer nicht darüber in’s Reine gekommen, dass eine Existenz für ihn im Königreich, sei es über, sei es unter Manfred, eine Unmöglichkeit geworden, dass des Einen Existenz die des Anderen ausschliesse. Diese Unsicherheit mag durch den Eindruck der Baierischen Gesandtschaft noch gesteigert worden sein.

Als nun vollends im päpstlichen Heere eine Seuche ausbricht, als Manfred, der in Luceria belagert werden sollte, zur Belagerung Foggia’s überzugehen scheint[1], als dem Markgrafen jede Hoffnung, die Stellung zurückzuerringen, zu der ihn das Vertrauen des sterbenden Konrad berufen, geschwunden, da ist er entschlossen, dem glücklicheren Rivalen sich zu unterwerfen. Er sinnt nurmehr, wie er unbehindert sich mit dem Gegner in Verbindung setzen, wie er diesem seine Unterwerfung möglichst kostbar machen könne. Liess er schon früher in seiner Unterschätzung Manfred’s nicht volle Klarheit darüber erkennen, dass die Erreichung seines ursprünglich gesteckten Zieles von einer völligen Vernichtung nicht bloss der Lancia, sondern auch Manfred’s bedingt sei, so hat er jetzt mit der Hoffnung auf eine leitende Stellung in Sicilien nicht zugleich der Hoffnung auf eine untergeordnete Existenz im Königreiche entsagt[2]. Dieser Mangel an voller Klarheit und Folgerichtigkeit hat ihn in’s Verderben gezogen und zugleich verschuldet, dass Freund und Feind ihr

  1. Jamsilla l. c. 574 A ff.
  2. Andere Deutsche Edle – das wurde bereits erwähnt – hatten in richtiger Erkenntniss der Situation gleich nach dem Scheitern des ersten Feldzuges gegen Manfred das Königreich verlassen und waren nach Deutschland zurückgekehrt. Freilich, welches Schicksal hätte vielleicht der Markgrafen in Baiern geharrt!
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_262.jpg&oldid=- (Version vom 5.6.2023)