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so entspricht dies auf’s beste den gesammten Zeitverhältnissen. Vermuthlich ist noch in Mailand selbst das Gesetz, das die neue Form der Schatzung regelte, erlassen und zugleich seine sofortige Anwendung befohlen worden.

Es gehörte zum Charakter Diocletian’s, seine gesetzgeberischen Pläne hastig zur Ausführung zu bringen, noch ehe sie ganz zum Abschluss gelangt waren, so dass jede seiner Reformen immer noch durch ihn selbst Ergänzungen und Nachträge erhielt. Darnach kann es nicht überraschen, wenn der fünfjährige Cyclus seiner neuen Schatzungsordnung anfangs noch fremd war. Fragen wir, wann sie dies Supplement erhalten hat, so ist die Zeitbestimmung dadurch sehr erleichtert, dass alle Jahre, deren Zahlen nicht mit 2 oder 7 endigen, ausgeschlossen bleiben. Da auch das Jahr 292 kaum in Betracht kommen kann, da es dem ersten Census von 289/90 gar zu nahe liegt, so sind die Möglichkeiten auf 297 und 302 beschränkt. Das erste dieser Jahre zeichnet sich dadurch aus, dass damals nach mehr als zehnjährigen Kämpfen das ganze Reich wieder unter dem Scepter Diocletian’s und seiner Mitregenten vereinigt wurde. Denn 296 hatte Constantius Brittannien unterworfen, das seit dem Jahre 286 zuerst unter Carausius, dann unter Allectus seine Selbständigkeit behauptet hatte, und im März 297 fiel Alexandria, wo der Usurpator Achilleus aufgestanden war, nach langer Belagerung. Dies war also der Zeitpunkt, wo die Steuerordnung Diocletian’s zum ersten Male im ganzen Reichsgebiete Anerkennung fand. Um sie in den neugewonnenen Provinzen einzuführen, war eine Schatzung derselben unvermeidlich, und es lag sehr nahe, diese zu einem allgemeinen Reichscensus auszudehnen. Wie uns Eutrop ausdrücklich sagt, wurden nach der Einnahme Alexandria’s grosse Reformen in’s Werk gesetzt, die noch zu seiner eigenen Zeit Dauer hatten[1]. Wir werden wohl nicht irren, wenn wir die Einführung der fünfjährigen Censusperiode ihnen zuzählen.

Wie diese, ist auch der Indictionencyclus in Aegypten entstanden, ja anfangs scheint er ganz ausschliesslich für dieses

  1. Eutr. IX, 23: Diocletianus obsessum Alexandriae Achilleum octavo fere mense superavit eumque interfecit. victoria acerbe usus est; totam Aegyptum gravibus proscriptionibus caedibusque foedavit. ea tamen occasione ordinavit provide multa et disposuit, quae ad nostram aetatem manent. Ueber die Zeit s. Seeck, Gesch. des Untergangs der antiken Welt I S. 420.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_287.jpg&oldid=- (Version vom 6.6.2023)