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der oben besprochenen zeitlich nicht sehr weit abliegen kann, weil sie für dieselbe Charite, Tochter des Amazonios, ausgestellt ist[1]. Die 14. Indiction, welche sie nennt, ist also wohl auf das Jahr 355/56 zu beziehen. Sie bescheinigt den Empfang von 800 Sextaren Wein. Diese Zahl ist nicht mehr, wie die der ersten Quittung, durch 21 theilbar, wohl aber durch 20. Man wird darnach vermuthen dürfen, dass die Einschätzung der Charite bei einem späteren Census um ein Jugum herabgesetzt wurde. Nehmen wir dies an, so fallen auf jede Rechnungseinheit 40 Sextaren, eine Ziffer, die sich nicht durch 12, wohl aber durch 4 theilen lässt; wahrscheinlich also ist es eine viermonatliche Rate. Eine solche würde, wenn wir nach dem bürgerlichen Jahre rechnen, in den Monaten Choiak, Pharmuthi und Mesori fällig geworden sein; legen wir dagegen das spätere Indictionenjahr zu Grunde, das in der Regel mit dem Ende des Payni beginnt, so müssen die Zahlungstermine in den Phaophi, Mechir und Payni fallen, und unsere Quittung trägt das Datum des 25. Mechir. Dies leitet zu dem Schlusse, dass die Trennung der Aegyptischen Indiction von dem Kalenderjahr in die Zeit zwischen 345 und 355 fällt.

Wie unsicher alles dies einstweilen noch bleiben muss, ist Keinem deutlicher als mir selbst. Wenn ich es trotzdem vor der Oeffentlichkeit ausspreche, so geschieht dies nur, um diejenigen, denen die reichen Schätze der Papyrossammlungen zugänglich sind, zu veranlassen, dass sie prüfen und, wenn es nöthig ist, widerlegen. Denn oft nützt auch eine falsche Hypothese, wenn sie für die Durchforschung der Quellen neue Gesichtspunkte bietet. Immerhin scheint mir durch jene Hermopolitanische Rechnungslegung wenigstens das Eine sicher bewiesen, dass im Jahre 340 auch in Aegypten das Finanzjahr noch mit dem 1. Thoth begann und folglich in dieser seiner ursprünglichen Gestalt sehr wohl vom übrigen Reiche recipirt werden konnte.

Die spätere Verlegung des Indictionsneujahrs hat ihren Grund in den Veränderungen des Steuerwesens, wie sie durch

  1. In Deutscher Uebersetzung veröffentlicht von Wessely, XXII. Jahresbericht d. k. k. Staatsgymnasiums im 3. Bezirk von Wien S. 15 und Führer Nr. 305.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 291. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_291.jpg&oldid=- (Version vom 6.6.2023)