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die Reform Diocletian’s herbeigeführt wurden. Ausführlich hierauf einzugehen, wird sich an einem anderen Orte Gelegenheit bieten; hier mögen die folgenden Andeutungen genügen. Anfangs waren die Steuern der Aegypter insofern fest normirt gewesen, als sie immer den Fünften ihrer Feldfrucht bezahlten; dagegen wird im 4. Jahrhundert die Indiction damit eröffnet, dass ein kaiserlicher Erlass festsetzt, wie viel an Korn, Wein u. s. w. auf jede Rechnungseinheit (iugum) zu entrichten sei. Diese „Ansage“ heisst indictio, und nach ihr ist das Steuerjahr benannt. Der fundamentale Unterschied gegenüber der früheren Praxis besteht also darin, dass nicht mehr ein aliquoter Theil der Ernte, der sich in seinem procentualen Verhältniss immer gleich bleibt, von den Unterthanen erhoben wird, sondern eine genau bestimmte Anzahl von Scheffeln Korn oder Massen Wein, die nach dem jedesmaligen Staatsbedürfniss abgemessen wird und jedes Jahr wechseln kann. Nach der Zahl der Juga, welche ihr Gebiet umfasst, wird die geforderte Summe zunächst auf die Städte repartirt, und dann haben die Municipalbeamten die Pflicht, sie auf die einzelnen Grundbesitzer nach der Höhe ihrer Einschätzung weiterzuvertheilen. Nun fiel der 1. Thoth gerade in die Zeit, wo ganz Aegypten unter Wasser lag. Solange Jeder auch ohne besondere Ankündigung wusste, wie viel Steuern er zu zahlen hatte, kam darauf nichts an; seit aber jedes Finanzjahr mit der Ausschreibung einer wechselnden Steuersumme und mit deren Umlegung auf die einzelnen Grundstücke anfing, behinderte die Ueberschwemmung sowohl den Verkehr der Boten als auch die Uebersicht über den Zustand des steuerpflichtigen Ackers. Nachdem man diese Unbequemlichkeiten eine Zeitlang ertragen hatte, entschloss man sich, sie zu beseitigen, indem man das Neujahr der Indiction auf die Zeit vor dem Beginn der Nilschwelle verlegte. Wenn man kein festes Datum, z. B. den 1. Payni oder den 1. Epiph, dafür wählte, so mag dies darin begründet sein, dass man jedesmal den Ausfall der Ernte abwarten wollte, um darnach die Steuerkraft der Pflichtigen besser bemessen zu können. In diesem Sinne war der 1. September für das übrige Reich ein sehr passendes Datum; die Kornfrucht war dann längst eingebracht und die Weinlese stand unmittelbar bevor, so dass sich die Erträge der beiden wichtigsten Kulturzweige mit einiger

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_292.jpg&oldid=- (Version vom 6.6.2023)