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zu gleichen Theilen geistliche und weltliche Fürsten gewesen seien[1].

Ohne zu untersuchen, ob uns im auctor vetus die Quelle oder eine ältere Recension des Sächsischen Lehnrechts vorliegt, ist so viel klar: in dem Lateinischen Text wird die neue Stimmordnung vorausgesetzt und benutzt, um daraus die Pflicht der Wahlbezeugung für die bevorrechtigten Wähler abzuleiten. Damit ist die Annahme unvereinbar, dass jene Voraussetzung selbst ihr Dasein dem Verfasser des Rechtsbuches verdanke.

Zu demselben Resultat führt der gleich zu erbringende Nachweis, dass man bereits um 1198 die Personen der Bevorzugten zu nennen wusste.

Die zweite These endlich, die Angaben über die Träger des Vorrechts, bezeugen, und zwar unumwundener als der Ssp., zunächst gleichfalls die eben erwähnten Verse Reimar’s und Martin’s von Troppau, daneben aber noch zwei andere Autoren, Aegidius von Orval und Heinrich von Segusia, beide wegen abweichender Reihenfolge in der Aufzählung der Kurfürsten unter einander und, weil sie bei Böhmen noch der Herzogswürde gedenken, von den genannten Quellen unabhängig[2]. Und eben, weil beide den Böhmen noch als dux, der Letztere mit dem Zusatz: qui modo est rex, einführen, geht ihre Tradition über die Personen der bei der Kur bevorrechtigten weltlichen Fürsten auf die Zeit um 1198 zurück, wo Böhmen Königreich wurde. Erwägt man ferner, wie nicht lange nach der Abfassung des Ssp. das dort behauptete Vorrecht ohne Wechsel der Träger als ausschliessliches Recht auftritt, so wird man auch desswegen annehmen, dass Eike seine Ansicht nicht selbst erfunden habe.

Satz 1 und 2 sind also nicht von Eike erfunden, sondern stammen aus dem Ende des 12. Jahrhunderts. Dass derselbe an unsrer Stelle überhaupt ältere Anschauungen darstellt, zeigt auch der Umstand, dass er Böhmen jede thatsächliche Theilnahme an der Wahl abspricht, was für die Zeit vor 1198 wahrscheinlich ist, für die Epoche Philipp’s und Friedrich’s II. aber mit bezeugten Vorgängen nicht stimmt[3].

  1. Vgl. Ficker, Entstehungszeit u. s. w. S. 122.
  2. S. S. XXV, 130. Schröder, R.-Gesch. S. 459.
  3. Tannert, Die Entwicklung des Vorstimmrechtes unter den Staufen und die Wahltheorie des Sachsenspiegels.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_300.jpg&oldid=- (Version vom 6.6.2023)