Seite:De DZfG 1895 12 314.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

So sagt z. B. Ritter: Ceteri robustiores et jam pridem probati sunt principes aetate et usu armorum robustiores et longo tempore probati. Cogitavit de pluribus comitum catervis cum suo cujusque principe.

Jedoch ist solche Ergänzung stilistisch eine ausserordentlich harte und steht auch mit den in diesem Satze gebrauchten Worten nicht in Einklang. Wenig passend ist für principes die Bezeichnung robustiores, entschieden noch weniger der Ausdruck aggregari. Sehr treffend sagt Bethmann-Hollweg[1]: „Aber wer vertrüge einen grex principum“?

Nimmt man aggregantur in passivem Sinn, wie es wohl am natürlichsten sein dürfte, so möchte man wiederum gern wissen, von wem eigentlich die jungen Fürsten den älteren angereiht wurden. Hatte darüber die Volksgemeinde zu entscheiden oder wie ist die Sache überhaupt zu denken?

Fasst man im Gegensatz hierzu – wie z. B. Ritter – das aggregari in der farblosen Bedeutung gleich sequi exemplum alius principis[2], so entsteht wieder die Unannehmlichkeit, dass jeder Uebergang zu dem im Folgenden geschilderten Gefolgschaftswesen fehlt. Und doch deutet das „nec rubor inter comites aspici“ auf engen Anschluss hin. Man müsste dann annehmen, dass Tacitus erst mit dem nec rubor etc. zur Darstellung des Comitats übergeht, und zwar ganz unvermittelt, denn vorher ist von comites ja nicht im geringsten die Rede. Eine solche Annahme ist aber undenkbar.

Die Anderen, welche aggregari mit „sich anschliessen“ übersetzen, sind der Meinung, dass diese jungen principes – quibus etiam adolescentulis insignis nobilitas aut magna patrum merita principis dignationem assignant –, obzwar selbst Fürsten, doch als Gefolgsleute älterer und erfahrener Fürsten auftreten[3].

Allerdings würde sich dann der Satz: „Nec rubor inter comites aspici“ an das Vorhergehende ganz gut anschliessen. In

  1. Bethmann-Hollweg, Ueber die Germanen vor der Völkerwanderung (Bonn 1850) S. 59 Anm. 3.
  2. Vgl. Ritter a. a. O. S. 26: Haec igitur scriptoris sententia est principem adolescentulum cum suis comitibus sequi exemplum alius principis annis et armorum scientia praefulgentis.
  3. Halm a. a. O. S. 4 f. – Roth d. Aelt. a. a. O. S. 893 f. – Scherer, ZOesterGymnw a. a. O. S. 102.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 314. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_314.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2023)