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klar gemacht), sondern als kirchlicher Oberer Berengar’s, der das Begehren des Archidiakons abschlägig bescheidet[1]. Thatsächlich konnte ja für jeden guten Katholiken nach dem Grundsatze: „Roma locuta, causa finita“ von einer Abendmahlsfrage keine Rede mehr sein, nachdem die Kirche durch den Mund der vom Papste geleiteten Römischen Februarsynode von 1079 in Sachen der Berengar’schen Lehre officiell das letzte Wort gesprochen hatte, und hält man die Synode von Bordeaux vom Jahre 1080 für rechtgläubig, so muss man annehmen, dass sie nicht die dogmatische Frage von neuem selbständig zu untersuchen sich vermessen hat, sondern dass sie vielmehr Berengar nur wegen seines Rückfalls zur Verantwortung gezogen hat.

Wenn es Schnitzer befremdet[2], dass Berengar in seinem Briefe, falls die Correspondenz zwischen dem Bischof und dem Archidiakon meiner Ansicht zufolge nicht vor 1079 gepflogen worden ist, des für ihn so günstig verlaufenen Concils am Allerheiligenfeste 1078 mit keiner Silbe gedenkt, so ist dagegen zu bemerken, dass Berengar in seinem Briefe lediglich den Bischof an jenes Bekenntniss erinnern will, das er 1062 zu Gunsten seines Archidiakonus zu Angers abgelegt hatte, um Eusebius gegen Ganfred Martini, dessen Treiben sich ja direct auch gegen den Bischof richte, weil der Gegner Berengar’s ja das Bekenntniss des Eusebius mit angehört hätte, einzunehmen. Aber dass Berengar in diesem Zusammenhange durchaus das Concil von 1078 erwähnen müsste, zu dieser Annahme zwingt uns rein gar nichts, und das argumentum ex silentio ist hier schlechterdings nicht am Platze. Ebenso muss ich es rundweg bestreiten, dass Eusebius – wie Schnitzer das will[3] – in seinem Schreiben, falls es nicht vor 1079 abgefasst ist, durchaus zwei Römische Synoden gegen Berengar hätte ins Feld führen müssen, die von 1059 und die von 1079, und dass er, da er das nicht thut, sondern nur von einer Römischen Synode spricht, eben auch nur eine gekannt habe, als er

  1. Damit erledigt sich auch der Einwand Schnitzer’s: „dieser Rückfall Berengar’s blieb aber sicher dem Bischof Eusebius nicht unbekannt u. s. w.“ („Katholik“ a. a. O. S. 547). Hinsichtlich der Acta möchte ich noch fragen: woher weiss Schn. denn, dass sie schon in die Oeffentlichkeit gedrungen oder auch nur dem Bischof bekannt waren, als Eusebius an Berengar schrieb (meine Ansicht über die Abfassungszeit des Schreibens vorausgesetzt)? Das Einzige, was man über die Abfassungszeit der Acta wird sagen können, ist doch wohl dies, dass sie nach der Römischen Februarsynode von 1079 und wohl noch vor der Synode von Bordeaux vom Jahre 1080 verfasst sein müssen.
  2. S. „Katholik“ a. a. O. S. 547.
  3. a. a. O. S. 547 f.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_348.jpg&oldid=- (Version vom 8.6.2023)