Seite:De DZfG 1895 12 377.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

In der Vorrede schränkt er bereits das im Titel enthaltene Versprechen insoweit ein als er sagt: „Je dois déclarer que le point de vue auquel je me suis placé a toujours été l’histoire de France“; thatsächlich aber gibt er nur die päpstliche und Französische Diplomatik in hinreichender Ausführlichkeit; die übrigen Europäischen Kanzleien behandelt er mehr anhangsweise und meist allzu dürftig. So umfasst in seinem 5. Buch „Les chancelleries“ die päpstliche Kanzlei 44 Seiten, die Französische (einschliesslich der Karolingischen) 81, die der Römisch-Deutschen Kaiser nur 9, die Englische gar nur 5. In der Chronologie und in den Listen der Orts- und Personennamen ist auf das Ausland überhaupt kein Bezug genommen, weshalb z. B. in dem Heiligenverzeichniss unter Margarethentag die für Deutschland wichtigsten Daten (12., 13. u. 15. Juli) vollständig fehlen. Man wird daher gut thun, das neue Handbuch in der Regel nur für Französische Verhältnisse zu benützen; einen Ersatz für die verschiedenen Deutschen Hilfsmittel kann es trotz seiner vielen Vorzüge, besonders seiner glücklichen äusseren Form, nur in Ausnahmefällen bieten. Mit dieser Einschränkung wird man aber das Gesammturtheil unterschreiben, womit die Académie des inscriptions die Verleihung des höchsten Gobertpreises an den Autor dieses Buches begründet hat: ohne das Vorhandensein einzelner Irrthümer und Ungenauigkeiten mit Stillschweigen zu übergehen, hat die Akademie anerkannt, dass Giry nicht allein die Forschungsergebnisse Anderer ausgezeichnet wiedergegeben, sondern auch die Lücken in der Forschung durch eigene Studien auszufüllen mit Erfolg bemüht war.

[500

Es war früher gute Gewohnheit dieser Zeitschrift, die Literatur des Schulunterrichts aufmerksamer zu verfolgen als es sonst die wissenschaftlichen Organe unseres Faches zu thun pflegen. Wie manches andere hat auch dieser Zweig unserer Thätigkeit im letzten Jahrgang arg vernachlässigt werden müssen. Gern holten wir noch das Versäumte nach, denn es scheint uns von ausserordentlicher Wichtigkeit, die Fühlung zwischen Wissenschaft und Schule auch von dieser Seite aus herzustellen und diesem Theil der historischen Literatur, der für die geschichtliche Bildung der Nation vielleicht wichtiger ist als alle gelehrte Arbeit und alle populären Schriften, vom wissenschaftlichen Standpunkt aus nachzuprüfen. Doch äussere Hindernisse legen leider gegen eine nur halbwegs systematische Uebersicht und sorgfältige Prüfung ein absolutes Veto ein und so begnügen wir uns denn, hier noch ein paar Publicationen zu besprechen, die uns der blosse Zufall vor Augen geführt hat.

[501

Eine für den geschichtlichen Unterricht sehr merkwürdige Erscheinung, die ebenso sehr durch einen gesunden methodisch-technischen Grundgedanken sympathisch berühren kann, wie sie für eine der unerfreulichsten Richtungen im heutigen Geschichtsunterricht ein geradezu abschreckendes Beispiel liefert, sind Ed. Rothert’s Karten und Skizzen. Es liegen 3 Hefte vor, die in den letzten Jahren erschienen sind. Im J. 1893 gab der Verfasser, Oberlehrer am städtischen Realgymnasium in Düsseldorf, „Karten und Skizzen aus der vaterländischen Geschichte der letzten 100 Jahre“ heraus. Nach 2 Jahren ist hiervon die 2. Aufl. erschienen

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 377. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_377.jpg&oldid=- (Version vom 30.5.2023)