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und im gleichen Jahre 1895 wurde das Unternehmen auf die „vaterländische Geschichte der Neueren Zeit (1517–1789)“, sowie auf die „ausserdeutsche Geschichte der letzten Jahrhunderte“ ausgedehnt (Düsseldorf, Bagel. 23; 20; 21 Doppelbll. 4°. 3; 4; 3 M.). Ob noch ähnliche „Karten und Skizzen“ zur alten und mittelalterlichen Geschichte nachfolgen sollen, ist nicht gesagt.

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Betrachten wir zunächst das Erfreuliche an dem Unternehmen. Es beruht auf dem Grundgedanken, dass auf den Karten der gebräuchlichen Atlanten, die auf eine grosse Menge von Einzelfragen Antwort geben müssen, „die Masse der eingetragenen Gegenstände einen verwirrenden Eindruck“ macht, und dass man desshalb, wenn man einzelne besonders wichtige Thatsachen lebhaft veranschaulichen und wirksam einprägen will, von allen Details absehen und mit Hintansetzung derselben schematisiren muss. Die Rothert’schen Karten wollen überall nur die Hauptsachen oder gewisse Einzelheiten, die dem Verfasser wichtig scheinen, kräftig hervorheben, verzichten also darauf, für andere Zwecke (ganz allgemein im historischen Unterricht) brauchbar zu sein. Sie sollen wohl auch nicht dem Schüler ständig in die Hand gegeben werden, sondern dem Lehrer ein Wegweiser für schematische Darstellungen auf der Wandtafel oder Wandkarte sein und im übrigen dem Geschichts-„Liebhaber“ Dienste leisten. Einige Beispiele mögen darthun, wie Rothert die Vorgänge „in knapper, deutlicher und charakteristischer Weise“ nur „durch Farbe und Linie“ graphisch darstellt. Karte 3 des 1. Bandes stellt die Coalition von 1796–97 dar; sie reicht von Genua bis zum Niederrhein, von der Seine bis zur Save, aber ausser den Flussläufen finden wir auf diesem grossen Gebiete nur 43 Ortsnamen angegeben, drei breite rothe Linien stellen schematisch die Züge von Jourdan, Moreau und Bonaparte (der bei Rothert merkwürdigerweise von Anfang an Napoleon genannt wird!) vor. Auf einer anderen Karte (II Nr. 1: Schmalkaldischer Krieg) sind die Länder der Verbündeten durch Flächencolorit gekennzeichnet, alles andere ist (leider ohne Ausscheidung des neutralen Gebiets!) weiss gelassen, Linien zeigen den Zug des Kaisers. II, 9 (Der Grosse Kurfürst) zeigt bloss zwei Färbungen: Gebiet und Erwerbungen Friedrich Wilhelm’s. Die Eroberungen Ludwig’s XIV. sind auf einer Karte (III, 3) mittelst dreier Farben so klar vor Augen geführt, wie es auf einer Karte, die die Deutschen Territorien der damaligen Zeit in bunten Farben enthalten muss, einfach ausgeschlossen ist. Weniger als für die Karten können wir uns für die eigentlichen „Skizzen“ begeistern: den Versuch z. B., die Deutsche Bewegung von 1848–51 durch Wellenlinien darzustellen, halten wir für eine recht verfehlte Behandlungsweise, die zum Glück für das Werk ziemlich vereinzelt geblieben ist.

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Entschiedenen Widerspruch müssen wir aber gegen die Auswahl des Dargestellten einlegen. Die Rothert’schen Karten nennen sich solche zur „Geschichte“ ganz allgemein; thatsächlich sind es solche zur Kriegsgeschichte. Ausser Feldzügen, Schlachten und den aus Feldzügen, Schlachten und Erbschaften hervorgegangenen Gebietsveränderungen existirt für den Verfasser so gut wie gar nichts Darstellenswerthes. Man kann nicht einwenden, dass das an der Form und den Mitteln der

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 378. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_378.jpg&oldid=- (Version vom 30.5.2023)