Seite:De DZfG 1895 12 379.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

Darstellung läge. Jedes Conversationslexikon kann heutzutage den Beweis liefern, dass es denn doch eine ganze Menge anderer Dinge gibt, die sich gerade so gut wie kriegerische Ereignisse graphisch veranschaulichen lassen. Die drei Bändchen enthalten fast 100 Karten und Nebenkarten. Hiervon entfallen drei Viertheile auf die reine Kriegsgeschichte (wobei wir diejenigen Karten noch nicht mitrechnen, welche bloss die durch Kriege verursachten Besitzveränderungen enthalten). Von den 20 Blättern zur neueren Geschichte entfallen z. B. auf die Kriege Friedrich’s des Grossen allein 9 (sage: neun) Hauptkarten mit 7 Nebenkarten. (Nebenbei bemerkt, leistet sich dazu der Verfasser im Vorwort noch die charakteristische Bemerkung: „für die defensiven Züge der Feinde fehlte häufig der Platz und auch wohl das Interesse“.) Zahlreiche Specialkarten veranschaulichen einzelne Schlachten, besonders des 70er Krieges. Man kann darauf – es ist wahr – die Hauptmomente der Bataillen sehr nett verfolgen: aber was geht das die Schule an? Die Schule soll doch nicht militärische Taktiker und Generäle vorbilden?!

[504

Der Militarismus in der Schule, das ist die Devise dieses Geschichtsunterrichts. Manches wirkt abstossend, manches auch vorwiegend komisch, so wenn es heisst „Frankreich setzt als Republik unter hochtrabenden Redensarten den Krieg fort“, oder wenn eine Belagerung (die von Paris) „anziehend“ genannt wird, oder wenn als einziges positives Ergebniss der „Wellenbewegung“ von 1848–51 die octroyirte Preussische Verfassung bezeichnet wird, oder wenn am Schluss noch eine Uebersicht über die neuere Französische Entwicklung mit der Spielerei eines „Systemwechsels alle 18 Jahre“ in eine politische Nutzanwendung für die Deutsche Politik (man könnte beinahe direct sagen: für Socialistengesetz und Militärvorlage) ausläuft. Soll das Geschichte für die Schule sein? Stil und Inhalt der den Karten und Skizzen beigedruckten Erläuterungen würden zu Tadel und Widerspruch Anlass genug bieten. Dass die Tendenz die des Neupreussischen Geschichtsunterrichts ist, braucht nach den oben angeführten Thatsachen kaum ausdrücklich bemerkt zu werden.

[505

In unserer Festgabe zur 1. Versammlung Deutscher Historiker findet sich u. a. eine Zusammenstellung von Tabellen für den Geschichtsunterricht, die während 4–5 Jahren erschienen sind. Die Reichhaltigkeit dieser Liste, bei der Vollständigkeit noch gar nicht einmal zu erreichen war, liefert den überzeugenden Beweis, dass es „Geschichtstabellen“ in hinreichender Menge gibt. Ein neues derartiges Hilfsbuch wäre nur dann existenzberechtigt, wenn es sich vor den vorhandenen durch eine Reihe von Vorzügen oder doch durch besondere Originalität in Auswahl und Zusammenstellung des Stoffes auszeichnete. Jedes derartige Buch, das weder das eine noch das andere leistet, ist literarischer Ballast. Ein solches Buch liegt vor in J. Waibel’s „Synchronistischer Zusammenstellung der bedeutenderen Geschichtszahlen zwecks Nachschlagens, Memorirens, Vorbereitung für Prüfungen“ (München, Druck von Oldenbourg. 1895. 79 p. 1 M.). Schon der Titel verspricht etwas anderes als der Inhalt bietet; denn erstens erwartet man von einer synchronistischen Zusammenstellung nebeneinanderstehende

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 379. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_379.jpg&oldid=- (Version vom 30.5.2023)