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Tabellen: das blosse Hineinschachteln der Geschichte fremder Länder unter die Deutsche Geschichte, wie es hier geboten wird, ist noch lange nicht „synchronistisch“. Zweitens wird der Käufer dadurch irregeführt, dass auf dem Titelblatt ein Zusatz wie „1. Theil“ oder „Alterthum und Mittelalter“ fehlt, denn das Büchlein reicht bloss bis 1492. Für den Zweck des „Memorirens“ und der „Vorbereitung auf Prüfungen“ sind viel zu viel Zahlen geboten, was um so schlimmer ist, als auf jede typographische Auszeichnung besonders wichtiger Ereignisse verzichtet wird. Die Thätigkeit des Herausgebers scheint sich überhaupt auf ein mechanisches Zusammenstellen beschränkt zu haben; seine gedankenlose Methode zu arbeiten wird dadurch genügend gekennzeichnet, dass er beim J. 1492 die Einnahme von Granada hinter der Entdeckung von Amerika bringt und damit eine ursächliche Verknüpfung ignorirt, deren Kenntniss man schon bei ganz kleinen Schülern voraussetzt. Das Vorwort, das er dazu geschrieben hat, enthält die erheiternden Sätze: „Kenntniss der bedeutenderen Zahlen einschliesslich des entsprechenden Textes des Büchleins benimmt die Furcht vor Skriptionen und Prüfungen aus der Geschichte“ und „Parteipolitik oder confessionelle Gehässigkeiten sind strenge von dem Inhalte [sc. der vorliegenden Geschichtstabellen!] ferngehalten“.

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Die Schrift unterscheidet sich also von vorhandenen Büchern ihrer Gattung nur durch besondere Formlosigkeit, Fehlerhaftigkeit und Naivität. Sie hat nicht die mindeste Daseinsberechtigung. Wodurch aber ist sie veranlasst? Nehmen wir recht wohlwollend an, dass der Verfasser von dem Wunsch beseelt war, die ihm wichtig erscheinenden Daten, die er in seinen Hilfsbüchern nirgends ganz so vereinigt fand, zu seinem und anderer Nutzen zusammenzustellen. Dass aber aus diesem Wunsche wirklich das gedruckte Buch entstand, ist dann nur zu verstehen bei hochgradiger Literaturunkenntniss. Das ist die wohlwollendste Erklärung. In vielen ähnlichen Fällen werden neben dem Wunsche, Nützliches zu schaffen, und neben der Unwissenheit noch andere Erklärungsgründe heranzuziehen sein. Die Folge aber ist in der Regel, dass die Schüler der Anstalt, an der der Verfasser unterrichtet, oder auch die einiger anderer Schulen, an denen er gute Freunde hat, genöthigt sind, sich das werthlose Buch anzuschaffen. – Gegen den Unfug dieser Buchmacherei kann die Kritik nicht energisch genug Stellung nehmen.

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Zeitschriften. In den Redactionen verschiedener periodischer Organe der Deutschen Geschichtswissenschaft haben sich in der längeren Pause, die zwischen dem Erscheinen des 1. und dem des 2. Heftes dieses Bandes liegt, verschiedene Veränderungen vollzogen, die wir der Vollständigkeit halber verspätet noch erwähnen. J. Jastrow hat nach mehr als 10jähriger verdienstvoller Thätigkeit die Redaction der Jahresberichte für Geschichtswissenschaft niedergelegt. Es ist nicht ganz aufgeklärt, inwieweit zu diesem Entschluss sein durch die Tagesblätter bekannt gewordener Conflict mit einem Preussischen Minister und die Frage der staatlichen Subventionirung der JBG beigetragen hat. An seine Stelle als Herausgeber der „Jahresberichte“ ist Archivrath Dr. E. Berner in Berlin getreten.

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Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 380. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_380.jpg&oldid=- (Version vom 30.5.2023)