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Einen Theil der Schwierigkeiten überwand er nicht eigentlich, sondern schob er mit leichter Hand bei Seite, es der Zukunft überlassend, ob sie noch einmal seinen Weg oder den seiner Mitarbeiter kreuzen würden – da er sich sicher fühlte, auch dann das richtige Mittel zu finden, um ihnen aufs neue zu begegnen. Mit dieser Versatilität seines Geistes war innerlich verwandt eine ausserordentliche Subjectivität. Sybel war im eminentesten Sinne ein politischer Historiker, Historiker mit dem Blick und Instinct eines Politikers, aber nach meiner Meinung auch mit der Subjectivität eines interessirten Politikers. Diese Subjectivität zieht sich, wie mir scheint, auch durch seine ganze wissenschaftliche Thätigkeit hindurch, von seinen Thesen, in denen er unter anderem behauptete, der Historiker müsse „cum ira et studio“ Geschichte schreiben, bis zu seinem letzten grossen Werke mit dem merkwürdigen zum Inhalt contrastirenden Titel „Gründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I.“ Wenn ich meine eigenen Erfahrungen verwerthen darf, so muss ich sagen, dass ich kaum jemals einen geistig bedeutenden Mann kennen gelernt habe von einer solchen Subjectivität der Auffassung. Je nachdem eine Sachlage und darnach seine eigene Auffassung über den einzuschlagenden Weg sich geändert hatte, erschienen ihm wiederholt auch die rückwärts liegenden Thatsachen, die den veränderten Entschluss zu rechtfertigen hatten, als absolut andere, und mit der grössten Unbefangenheit gab er dann auch eine von der früheren durchaus abweichende Darstellung. Man wird unwillkürlich an weltgeschichtlich bedeutende Männer der That und energischen Wollens erinnert. Ich darf mir nicht anmassen, ein Urtheil über die wissenschaftliche Forschung in Sybel’s anerkannt grösstem Werke, der Revolutionsgeschichte, und in seinen Specialarbeiten zu fällen; aber es scheint mir fast undenkbar, dass dieser so energisch ausgeprägte Subjectivismus nicht auch die wissenschaftliche Arbeit im Einzelnen, besonders wo politische Instincte mit eingreifen, stark beeinflusst haben sollte. In ihrer Subjectivität aber war es eine bedeutende, kraftvolle Gestalt, eine ausgeprägte Physiognomie, die mit Sybel aus der Deutschen Geschichtswissenschaft geschieden ist. – Vgl. Nekrologe Dt. Rs. 22, 58–76; Zukunft 4, 162–75.

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Im September in Porto d’Anzio, erst 36 J. alt, der Professor der Archäologie an der Universität Basel Dr. Joh. Töpffer, Verfasser einer Attischen Genealogie (1889), d. h. einer Geschichte der Athenischen Adelsgeschlechter.

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Am 19. Februar in Frühstockheim Pfarrer Dr. Herm. Westermayer, ein junger Kirchenhistoriker, dessen Schrift über „Die Brandenburg-Nürnbergische Kirchenvisitation und Kirchenordnung, 1528–33“ in unserer Bibliographie ’94, 1826 erwähnt ist.

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Am 16. September in Weimar, 52 J. alt, Archivrath Dr. Ernst Wülcker, einer der Mitherausgeber des Grimm’schen Wörterbuches, vor Jahren (als Secretär am Frankfurter Stadtarchiv) Herausgeber von Archivalien zur Geschichte des Armagnakenkrieges 1439–44 und der Belagerung von Neuss 1474–5.

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Schwedische Historiker. Am 21. September in Stockholm, 65 J. alt, der Professor für Culturgeschichte an der Universität Dr. Viktor Rydberg,

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1895, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1895_12_388.jpg&oldid=- (Version vom 30.5.2023)