Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses. | |
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„Wissen Sie auch, wer die Person gewesen ist, die meine Schwiegermutter telephonisch zur Post gerufen hat? Ich war es.“
„Nicht möglich! Sie haben sie aus ihrem Hause gelockt und unterwegs …“
„Unterwegs erschossen – wollen Sie sagen. Nein, ich habe sie nicht erschossen. So unglaublich das auch klingen mag.“
„Was haben Sie ihr denn eigentlich telephoniert?“
„Ich habe mich mit verstellter Stimme für einen höheren Postbeamten ausgegeben, der sie sprechen wolle, um ihr Mitteilung zu machen über den Absender des sogenannten Pariser Telegramms.“
„Was ist das für ein Telegramm? In der Zeitung steht nichts davon.“
„Ehe wir nach London kamen, war ich mit meiner Frau und ihrer Schwester Olga acht Tage in Paris. Von dort ist ein Telegramm an meine Schwiegermutter nach Baden-Baden abgegangen, etwa folgenden Inhalts: Olga krank – komm sofort – Lina. Als darauf die Mutter am nächsten Tage in Paris eintraf, stellte meine Frau in Abrede, das Telegramm geschickt zu haben. Man glaubte an eine Mystifikation und forschte nach dem Absender.“
„Und wer war der Absender?“
„Ich war es.“
„Und weshalb haben Sie dieses Telegramm abgeschickt?“
„Das kann ich Ihnen nicht sagen. So wenig, wie ich Ihnen sagen kann, weshalb ich von London nach Baden-Baden gefahren bin.“
„Aber Sie müssen dem Gericht unbedingt über diese Punkte Aufschluß geben. Sonst ist Ihre Verurteilung unvermeidlich. Es geht um Ihren Kopf. Übrigens will ich Ihnen kein Hehl daraus machen, daß ich von Ihrer Schuld ganz und gar nicht überzeugt bin. Der Indizienbeweis ist, wie Sie selber sagen, vollkommen. Meinem Gefühl nach ist er zu vollkommen. Ihre Hauptsorge muß
Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/33&oldid=- (Version vom 31.7.2018)