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Seite:De Das Todesurteil (Hau).djvu/99

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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.

war ein Pasquill, kein Ruhmesblatt für den deutschen Strafprozeß. In England und in Amerika enthält die Anklageschrift nur eine knappe Darstellung der Tat und der Verdachtsmomente, ohne überflüssige moralisierende Abschweifungen und ohne ungerechtfertigte Beschimpfungen. –

Dr. Dietz kam mich jetzt öfter besuchen; ich merkte, daß er den Fall nicht mehr für so ganz hoffnungslos hielt. Doch hütete er sich wohl, mir etwas davon zu sagen, daß meine Frau ihm, ehe sie in den Tod ging, ihr Herz ausgeschüttet hatte. Dagegen brachte er das Gespräch immer wieder auf jene beschlagnahmten und bei den Akten befindlichen Briefe, die mir meine Frau nach Konstantinopel geschrieben hatte und in denen die Andeutungen standen über den Seelenzustand und die Eigentümlichkeiten ihrer jüngsten Schwester. Wenn ich dann achselzuckend bemerkte, dergleichen Expektorationen seien nicht auf die Goldwage zu legen, meinte er, die junge Dame scheine doch eine problematische Persönlichkeit zu sein, man müsse ihr mehr Beachtung schenken, als ihr bisher im Prozeß zuteil geworden sei. Demgegenüber verhielt ich mich durchaus ablehnend; ich wüßte nicht, wozu das dienen könne. Nun, versetzte er, vielleicht dazu, daß über meine Beziehungen zu ihr etwas Näheres ans Licht gebracht würde, er sei überzeugt, daß hier der Schlüssel liege zu der ganzen rätselhaften Angelegenheit. Darauf sagte ich ihm klipp und klar: „Herr Doktor, ich verlange von Ihnen das Versprechen, daß Sie in dieser Hinsicht nichts tun, was meinen Wünschen zuwiderläuft. Meine Schwägerin wird notgedrungen Zeugin sein in der Hauptverhandlung und wird die Aussagen wiederholen, die sie in der Voruntersuchung gemacht hat: daß ihre Mutter sie an dem Abend in der Villa Engelhorn abgeholt, daß sie mit ihr die Kaiser-Wilhelm-Straße hinuntergegangen ist, daß sie plötzlich eilige Schritte hinter sich hörte, daß ihre Mutter an ihrer Seite erschossen wurde, daß sie sich umwandte und eine Männergestalt in die Lindenstaffeln einbiegen sah und daß sie nicht sagen kann, wer der Mann gewesen ist. Und damit basta. Sie hat noch

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Carl Hau: Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses.. Ullstein, Berlin 1925, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Das_Todesurteil_(Hau).djvu/99&oldid=- (Version vom 31.7.2018)