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zuhalten mußte. Endlich schrieen sie: „Da kommt er! da kommt er!“ Der Prinz trat ans Fenster und sah, wie von fernher eine große Wolke heranflog, als sie näher kam, wurde sie immer größer und dabei rauschte es, wie ein starker Wind. Das war der Vogel Greif, er flog auf das Haus zu und ließ sich vor demselben nieder. Ferdinand trat zu ihm und frug: „Kannst du mir sagen, wie ich in das Himmelreich komme?“ „Sagen kann ich es dir wohl,“ sprach der Greif, „aber das Sagen allein hilft dir nichts, denn du kannst weder zu Wasser noch zu Lande hinein. Ich will dir aber helfen und dich hineintragen.“ Ferdinand wollte ihm danken, aber ehe er noch sprechen konnte, faßte der Greif ihn schon mit seinen ungeheuren Klauen und flog mit ihm auf, immer höher und höher, bis er ihn im Himmelreich niedersetzte.

Der Prinz schaute sich erfreut um. Er stand in einem herrlichen Garten voll der prächtigsten Blumen und Bäume; in der Mitte erhob sich ein hohes stolzes Schloß, das leuchtete in der Sonne wie von purem Gold. Vor dem Schlosse lag ein großer, großer Teich und in dem Teich eine große furchtbare Schlange. Die hätte manchen Andern in Furcht und Schrecken versetzt, der Prinz aber hatte längst verlernt, was es heiße Furcht haben. Er ging keck auf den Teich los und betrachtete sie, da hob sie ihr Haupt aus dem Wasser empor, sah ihn mit klugen Augen an und sprach: „Ferdinand, ich habe schon lange auf dich gehofft und geharrt, denn du sollst mich erlösen und kein Anderer kann es, als du allein.“ Der Prinz fragte: „Wie soll ich dieß denn anfangen?“ Die Schlange antwortete: „Du mußt drei Nächte im Schlosse

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Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_207.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)