Seite:De Deutsche Hausmärchen 218.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.



Als nun das Jahr fast verstrichen war, trug es sich zu, daß der König von Frankreich ein großes Vogelschießen ansagen und dabei verkündigen ließ, daß der beste Schütze seine eigne Tochter als Preiß bekommen solle. Alle Jäger im ganzen Lande kamen natürlich herbei, und unser Jägerbursch auch. Der schoß aber dem Vogel mitten ins Herz hinein, und weil Keiner ihm den Schuß nachthun konnte war er Schützenkönig und sollte die Prinzessin von Frankreich heirathen. Nun kam er in große Noth, weil er der Schwanenjungfer in Treue gedachte, und von keiner Andern etwas wissen wollte. „Ich will das Glück einem Andern zukommen lassen,“ sprach er, als aber der König heftig in ihn drang, warum er so hohe Ehre verschmähe, da vergaß er sich und sagte, er habe eine Braut, die sei wohl noch tausendmal schöner, als die Königstochter von Frankreich. Die Rede war aber kaum seinem Mund entfahren, so stand auch schon die Schwanenjungfer vor ihm, schaute ihn traurig an und sprach:

›Hättest du meine Schönheit nicht gesagt,

So hättest du mich erlöset,

Jetzt mußt du mich suchen im gläsernen Berg.‹

Da fiel ihm sein Leichtsinn schwer aufs Herz, er schnürte sein Bündel und zog aus, um den gläsernen Berg zu finden. Lange, lange schon war er unterwegs, als er eines Tages in einen dunklen Wald gelangte; darinnen wanderte er drei Tage und drei Nächte lang umher, bis er am vierten Morgen vor einer einsamen Waldmühle stand. Aus der Mühle trat aber alsbald ein Mann und fragte ihn, was er da wolle? er sei der Müller vom gläsernen

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wilhelm Wolf: Deutsche Hausmärchen. Göttingen und Leipzig 1851, Seite 218. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Deutsche_Hausm%C3%A4rchen_218.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)