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indem er beiläufig sich entschuldigte, dass seinem Vater nicht ganz wohl sei, und er eben Ärzte erwarte und Arzenei besorgen müsse, was auch der Grund wäre, welcher die glückliche Zeit ihres Wiedersehns verzögert hätte; doch hoffe er bald das Vergnügen zu haben, sie von Angesicht zu Angesicht zu sehen, und bäte sie nur, sich nicht mit peinigenden Gedanken herumzuschlagen. Auf der Rückseite des Briefes bemerkte er, dass er das Schreibmaterial sich auf dem Wege geborgt habe, was auch die Kürze seines Briefes verursache etc. etc. etc. Er nähme jedoch ihre grosse Güte in Anspruch, ihn desshalb zu entschuldigen.

Herr Chang kehrte im Laufe weniger Tage nach Wangkeang zurück, wo er den Brief an Sinkew abgab, der ihn wiederum seinem jungen Fräulein Lẅan einhändigte.

Das unglückliche junge Mädchen riss den Brief auf, verschlang den Inhalt mit hastiger Gier und, obwohl nichts Näheres über ihres Geliebten Rückkehr darin stand, so hatte sie doch noch Hoffnung – und diese diente ihr, wie „gemalte Kuchen, um den Hunger zu stillen oder der Anblick von Pflaumen, um den Durst zu befriedigen“[1].

Nach drei oder vier Monaten indessen, als sie nicht ein Wort von ihrem Geliebten vernahm, liess die Standhaftigkeit Lẅans nach, und in ihrer Verzweiflung wendete sie sich an ihre Tante Tsaou: „Tingchangs Worte haben mein Ohr getäuscht –“ Ihre Tante fiel ihr aber gleich in die Rede: „Sein geschriebener


  1. Eine gewöhnliche chinesische Ausdrucksweise.
Empfohlene Zitierweise:
unbekannt, Adolf Böttger (Übersetzer): Die blutige Rache einer jungen Frau. Wilhelm Jurany, Leipzig 1847, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Die_blutige_Rache_einer_jungen_Frau.djvu/058&oldid=- (Version vom 31.7.2018)