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aus Unterwalden, den die Bregenzerwälder zur Käsebereitung hieher gedungen hatten. Dieser schien eine gute, alte, ungefährliche Haut; aber andre junge unverdorbene Eidgenossen haben schon manchmal ansehnliches Unheil unter der vorarlbergischen Jungfrauschaft gestiftet.

Die Lechleitner – und dieß müssen wir nach unserm Versprechen deutlich hervorbeben – sind die letzten Lechthaler und haben sechzehn Stunden zu gehen bis zum Landgericht in Reute. Von Lechleiten an verlieren jene, die dem Bregenzerwald zuwandern, den fröhlichen Lech, der von Füßen an ihr Begleiter gewesen, aus den Augen. Er entspringt sechs Stunden weiter südlich auf der Alpe Fornanin.

Jenseits eines tiefen Tobels, den man keuchend auf- und abklimmen muß, liegt weit zerstreut die erste vorarlbergische Gemeinde Wart, die eine Kirche, einen Pfarrer und eine Schule hat. Beide Dörfer einander gegenüber, durch die waldige Schlucht getrennt, die schwarzen Häuschen in den grünen Matten, die grauen Hörner darüber emporragend, bieten ein sehr alpenhaftes, hirtenmäßiges Bild, wie eine große Niederlassung von Sennhütten, was sie auch ursprünglich waren ehe die Uebervölkerung der Thäler die Menschen zwang sich hier bleibend einzuherbergen. Man glaubt, dieß müßten die letzten Wohnungen seyn, die letzten vor den Schneefeldern, aber es geht noch immer höher hinauf, und nach zwei Stunden beständigen Steigens durch Wiesen und Alpenrosenhecken erreicht man Krumbach. Hier sind zwölf Hütten, nahe bei einander aufgeschlagen, wohl bei sechshalbtausend Fuß über dem Meer. Das Dörfchen steht noch ein gutes Stück über den letzten Fichten. Zur Zeit wenigstens muß der Feuerungsbedarf anderthalb Stunden weit heraufgeschleppt werden, und deßwegen heißt die kleine Niederlassung auch zum Unterschied von andern gleichen Namens Krumbach ob Holz. Sie liegt in einem rinnenförmigen Hochthale, dessen beide Kanten lange Wände verwitterter Felsenhäupter bilden. Auf diesen hält sich den ganzen Sommer über Schnee, der in langen glänzenden Wasserfäden sich löst; sie scheinen gleich zur Seite zu stehen, nicht hoch und durch die Schrunden nicht beschwerlich zu erklimmen.

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_041.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)