Und ich, Thomas Lyrer, gesessen zu Rankweil, das da gehört zu dem Schloß und der Herrschaft Feldkirch, hab diese Dinge den mehrern Theil gesehen und auch viel an frummen Leuten erfragt und erfahren, an wahrhaften Herren, Rittern und Knechten, die mich deß gar wahrlich unterrichtet haben, denn ich auch meines gnädigen Herrn von Werdenberg Knecht bin gewesen und mit ihm ausgefahren gen Portugal und mit ihm wieder heimgekommen. Und ist das Buch zum ersten abgeschrieben worden, indem als man zählte von der Geburt Christi XI hundert und im XXXIII Jahre *)[1] am Sanct Oswalds Tag.
Nahe bei dem Schlosse Neu-Montfort mündet der Seitenweg,
den wir bisher verfolgt, in die Heerstraße ein, gerade
da wo zwischen Obstbäumen in schöner Gegend der große
Markt Gözis sich ausbreitet. Etwas oberhalb dieses Fleckens
stehen auf einem grünen Hügel die alten Mauern jener Veste
„zu Newenburg in Churwalhen," die wie schon gesagt das
erste Besitzthum war, welches Oesterreich in Vorarlberg erwarb.
Bis dahin, bis 1365 hatte sie den Thumben von
Neuenburg gehört, die früher zu Neuenburg ob Untervaz
in Bünden saßen.
Eine Stunde weiter abwärts liegt ein andrer großer Flecken, Hohenems, zu den Füßen eines steil aufragenden Felsens, der die großartige Ruine der alten Burg Ems trägt. In dem Flecken wohnen ein halbes Tausend Juden, darunter mehrere sehr reiche Kaufleute, die große Geschäfte nach Wälschland, ja sogar nach der Levante treiben. Diese israelitischen Familien haben sich hier zuerst im Jahre 1617 aufgethan, und Bergmann wie Weizenegger geben den Freiheitsbrief, den ihnen in jenem Jahre die Hohenemsische Kanzlei ertheilte. Er lautet sehr milde und das Drückendste was er enthält, ist, daß
- ↑ *) Daß diese Jahrzahl falsch sey, versteht sich von selbst.
Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_181.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)