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Innsbruck verlegte. Von der Höhe seiner mittelalterlichen Blüthe ist das Städtchen indessen schon vor langen Jahren herabgestiegen. Als das Hoflager fortwanderte, zog viel reicher Adel aus der Gegend weg; die berühmten Jahrmärkte verwelkten an der wachsenden Bedeutung der Bozner Messen, und durch den neugeöffneten Kuntersweg am Eisack verlor der Paß über den Jaufen nach Sterzing seine meisten Kunden. Dazu kamen noch die häufigen Verheerungen der Passer, so daß oft für Menschenalter eine trübselige Verarmung herrschte in der ehemaligen Landeshauptstadt, welche gleichwohl noch in unsrer Zeit auf den Landtagen allen andern Tiroler Städten vorgeht. Auch steht heutzutage unter den Häusern der Stadt noch eines, das jetzt dem Fürsten Taxis gehört, das Kelleramt, wo vor Zeiten die Grafen von Tirol Hof gehalten, mit der Capelle in welcher Margaretha Maultasch Ludwig dem Markgrafen zu Brandenburg und zu Lausitz, des heiligen römischen Reichs oberstem Kämmerer, getraut wurde, nachdem sie Herzog Hansen von Luxemburg, dessen untüchtiger Liebe sie nicht froh werden konnte, davongejagt.

Meran wird kaum einen prächtigern Tag gesehen haben als den zehnten Hornung[WS 1] 1342, wo der Kaiser und der Markgraf von Brandenburg, Herzog Ludwig der Römer und Stephan von Bayern, zwei Herzoge von Teck, die Bischöfe von Augsburg, Regensburg und Freising, zwei Grafen von Schwarzburg, darunter jener Günther, der später Gegenkönig wurde, die Grafen von Görz, Werdenberg, Kirchberg, Katzenellenbogen und viele andere Ritter aus Deutschland und Wälschland, in ihrer Mitte die schöne Braut von Tirol durch die Laubengasse ritten, um sich nach der Trauung in feierlichem Zuge auf das Hauptschloß zu begeben, wo in dem grauen Thurme, der noch jetzt gezeigt wird, das fürstliche Beilager gehalten wurde. Jenes Kirchlein aber im Kelleramt und seine Sakristei schmücken wunderliche Fresken, die man einem Christoph von Meran zuschreibt, der zu Margarethens Zeit gelebt hat und als der erste namentlich bekannte Tiroler Maler gilt. „Hart daran stoßen ein paar Gemächer, ehrwürdig wie man sie selten findet, unentstellt erhalten in ihrer ältesten Art. Des


  1. Hornung, im julianischen Kalender der germanische Name für den Februar
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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol. München 1846, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_301.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)