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ausgeschnittener Hosenträger. Die üblichen Wollhauben der Weiber sind hier kürbisförmig. Ueber die Reinlichkeit in ihren Häusern läßt sich nicht viel besseres sagen, als über die ihrer Nachbarn an der Etsch.




Und somit gehen wir wieder auf dem stillen, öden Wege an der Passer zurück und bereiten uns in Meran zu einer Fahrt ins Ultnerbad. Hiefür ist nicht schwer Gesellschaft zu finden, denn die Ultnerfreuden werden von den Meranern einmal des Jahres wenigstens gerne genossen. Die Frauen reiten auf Eseln aus, die Herren gehen nebenher. Kehrt man in Löwenberg ein, so erquickt Herr Kirchlechner mit seinen feurigen Weinen und der große Saal im Schlosse hat eine herrliche Aussicht. Ein Thurm und eine Capelle sind noch aus älterer Zeit, das übrige winkelige Bauwerk haben die Herren, später Grafen von Fuchs hergestellt, welche die Burg von den alten Rittern von Löwenberg am Anfange des sechzehnten Jahrhunderts erheiratheten und dann bis in das unsere herab besaßen. Um dieses Schloß schlich voriges Jahr im Mondscheine ein Münchener Dichter und sang darnach:

Hier wanderte ich um Mitternacht
Die Mauern entlang, die düstern;
Da hörte ich aus dem alten Gebäu
Unheimliches Rauschen und Flüstern.

Es war die Zeit, da man vom Stock
Die glühende Traube gelesen.
Ich glaube es sind die Geister, die
Weinprobe hielten, gewesen.

Denn deutlich vernahm ich Toast um Toast,
Doch keinem Lebenden galt es;
Die Todten nur ließen sie leben, zuletzt
Ihr Vaterland, ihr altes.

Hält man sich nun in der Niederung, so kömmt man in einer halben Stunde über den Valzauerbach nach Lana, einem langen, zerstreuten gartenreichen Dorfe, an dessen anderm Ende die Kirche steht, welche einen prächtigen gothischen Altar

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_365.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)