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Gedanke mehr, als Maria Theresia, Hut voll Geld, Branntweinhütte, Haus bauen. Und nach verschiedenen Begebenheiten und mehreren Wochen stand Peter im Audienzsaale zu Schönbrunn. Maria Theresia kommt herein, der Knabe läuft ihr entgegen, purzelt auf dem glatten Boden rücklings hin, rafft sich wieder auf, kniet nieder und erzählt der Kaiserin, die sich vor Lachen kaum verwußte, seinen Traum. Dieser ging nun nach seinem ganzen Inhalte in Erfüllung und der junge Tiroler kehrte reichbeschenkt in seine Heimath zurück. Es war an einem Sonntage und im nächsten Wirthshaus spielten Musikanten auf. Dahin ging nun Peter zum Tanze unter die Leute, die schon gehört hatten, wie glücklich er gewesen. Er war dreizehn Jahre alt und wurde als ein Wundermensch angesehen, weil noch Niemand aus dem Dorfe nach Wien gekommen war. Buben und Dirnen bewillkommten den Freund ihrer Jugend und schüttelten ihm die Hände. Unter andern war ein hübsches Mädchen da, in seinem Alter, welches ihm die Hand gab und die seinige drückte und sagte: Gehst du nicht einmal mit mir tanzen? O ja, sagte Peter und fing mit ihr den Reigen an. Unterm Tanze aber flüsterte ihm das Mädchen ins Ohr: Peterl, magst du keine Rüben und geschlagenes Butterbrod mehr essen? Es war nämlich dasselbe Dirnchen, das einst neben dem Rübenacker auf der Wiese die Ziege hütete, als der andere von dem Berge mit seinem Brodsack heruntergekommen war. Sie blieben nun beisammen und gingen nach dem Tanze miteinander. Unterwegs umarmten sie sich öfters in unschuldiger Zärtlichkeit, versprachen einander zu lieben und zu heirathen und kamen also nach Hause. Als Peter sein Häuschen ausgebaut und das sechzehnte Jahr erreicht hatte, hielt er Hochzeit und nahm zur Ehewirthin das nämliche Mädchen, welches auch keinen Vater und keine Mutter mehr hatte, wie er. Sie waren zusammen einunddreißig Jahre, sieben Monate und fünf Tage alt.

So weit diese Dorfgeschichte, ungefähr in derselben Weise wieder gegeben, wie sie Prosch niederschrieb. Vielleicht hat der vierundvierzigjährige Biograph diese Jugenderinnerung mit mancher neuen Blume ausgeschmückt; immerhin bleibt sie

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Ludwig Steub: Drei Sommer in Tirol, München 1846, Seite 551. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Drei_Sommer_in_Tirol_(Steub)_559.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)