Seite:De Kafka Schloß 102.jpg

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„Werde nur nicht böse,“ sagte Frieda, „du mußt unsere Aufregung richtig verstehen. Wenn man will, verdanken wir es nur Barnabas, daß wir jetzt einander gehören. Als ich dich zum erstenmal im Ausschank sah - du kamst herein, eingehängt in Olga - wußte ich zwar schon einiges über dich, aber im ganzen warst du mir doch völlig gleichgültig. Nun, nicht nur du warst mir gleichgültig, fast alles, fast alles war mir gleichgültig. Ich war ja auch damals mit vielem unzufrieden und manches ärgerte mich, aber was war das für eine Unzufriedenheit und was für ein Ärger. Es beleidigte mich z. B. einer der Gäste im Ausschank, sie waren ja immer hinter mir her - du hast die Burschen dort gesehen, es kamen aber noch viel ärgere, Klamms Dienerschaft war nicht die ärgste - also einer beleidigte mich, was bedeutete mir das? Es war mir, als sei es vor vielen Jahren geschehen, oder als sei es gar nicht mir geschehen, oder als hätte ich es nur erzählen hören, oder als hätte ich selbst es schon vergessen. Aber ich kann es nicht beschreiben, ich kann es mir nicht einmal mehr vorstellen, so hat sich alles geändert, seitdem Klamm mich verlassen hat.“ -

Empfohlene Zitierweise:
Franz Kafka: Das Schloß. München: Kurt Wolff Verlag. 1926, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kafka_Schlo%C3%9F_102.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)