Seite:De Kafka Schloß 304.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

so gebühre ihm auch der Jammer ihres Anblicks - „in Wirklichkeit aber hat sich alles geändert, seitdem ich dich mit dem Jungen habe sprechen hören. Wie unschuldig hast du begonnen, fragtest nach den häuslichen Verhältnissen, nach dem und jenem, mir war, als kämst du gerade in den Ausschank, zutunlich, offenherzig und suchtest so kindlich-eifrig meinen Blick. Es war kein Unterschied gegen damals und ich wünschte nur, die Wirtin wäre hier, hörte dir zu und versuchte dann noch, an ihrer Meinung festzuhalten. Dann aber plötzlich, ich weiß nicht, wie es geschah, merkte ich, in welcher Absicht du mit dem Jungen sprachst. Durch die teilnehmenden Worte gewannst du sein nicht leicht zu gewinnendes Vertrauen, um dann ungestört auf dein Ziel loszugehen, das ich mehr und mehr erkannte. Dieses Ziel war die Frau. Aus deinen ihretwegen scheinbar besorgten Reden sprach gänzlich unverdeckt nur die Rücksicht auf deine Geschäfte. Du betrogst die Frau, noch ehe du sie gewonnen hast. Nicht nur meine Vergangenheit, auch meine Zukunft hörte ich aus deinen Worten, es war mir, als sitze die Wirtin neben mir und erkläre mir alles, und ich suche sie mit allen Kräften

Empfohlene Zitierweise:
Franz Kafka: Das Schloß. München: Kurt Wolff Verlag, 1926, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Kafka_Schlo%C3%9F_304.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)