Seite:De Merian Hassiae 052.jpg

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Hauß / der Nassawische Hoff genannt / worinnen die Fürstliche Herrschaft / Rotenbergischer Lini / ihre Residentz eine Zeit hero gehabt / sehr lustig an der Fulda / an dem Ort / wo die Schiffe außgeladen werden / gelegen / vnd ist mit ziemlichen Sälen vnnd Nottürfftigen Gemächern versehen. Gleich zu allernächst darbey ist noch ein gantz steinernes hohes Hauß / auff 2. seyten / gebawet / an grösse dem Schloß zu Eschwege fast gleich / so das Saltzhauß genannt / vnnd zum Proviant verordnet. An Kirch Gebäwen ist / neben vorgedachter Bruderkirchen / sonderlich die grosse Stiffts: oder Freyheitskirche zu S. Martin / welche sehr hoch / weit / vnnd liecht ist / darinnen ein vberauß grosse schöne herrliche Orgel / vnd gegen vber im Chor 2. hohe treffliche von Marmor / vnnd Alabaster / auffgemauerte Fürstliche Epitaphien / worbey nunmehr von hundert Jahren her / die Fürstliche Begräbnuß zu finden / vnnd hat auch noch newlich LandGraff Wilhelm / der Fünffte deß Nahmens / eine stattliche vor die Nachkommen bawen lassen. In dieser Statt ligt auch der reiche Spittal zu S. Elisabethen; so von dieser hochgepriesenen Fürstin gestifftet worden. Sie / die gemeine Statt / hat such sonst feine vornehme Gebäw / als das Rath: Kauff: vnnd Hochzeithauß. Ferners / die Neustatt belangende / ist selbige von keiner sonderlichen grösse / aber von Natur sehr fest / vnd gantz eben gelegen / mit einem starcken Wall / vnd braiten Wassergraben / vmbfangen. Hat ihre absonderliche Pfarrkirchen. Nicht weit davon stehet das Jägerhauß / so auch ein feines ansehenliches / vnd mehrentheils gantz ins geviert zugebautes steinernes Hauß ist; deme nächst die vortreffliche Kunstreiche Mühle von 6. Mahlgängen / vnnd noch andere Schleiff: Polier: Würtz: Schlag: Schneid: Bohr: vnnd andere Mühlen / wie auch ein Schmeltzwerck / folgen / so alles nur durch fünff Wasser-Räder getrieben wird. Gegen vber in der Alten Statt / bey dem Annaberger Closter / ligt auch noch ein stattliche Mühle von sechs Gängen / dabey ein sehr kunstreiche Schleusse / wodurch die schweren grossen Lastschiffe auff vnd ab fahren müssen. Auch hat es hierbey eine schöne Roßmühle / von 4. Gängen / vnd noch viel Handmühlen / so alle im fall der Noth wol zu gebrauchen seyn; auch hat es in der Statt / in allen Gassen / einen durchfliessenden Bach / vnd darneben 2. schöne Teiche / deren man sich in Fewersnoth sehr wohl gebrauchen kan. Vnnd ist diese Statt / wegen der Fürstlichen Hoffhaltung / vornehmer Vestung / deß Passes / vnnd Handels / mit allerhand Wahren / sehr weit berühmt / vnnd wol begüttert.

Das Ampt / so hieher gehört / ist seines weiten vmbkreiß halber / leichter einer kleinen Graffschafft / als einem Ampte / zuvergleichen. Gräntzet mit einem Orth an das Fürstenthumb Braunschweig / sonsten aber ist es in 3. theil getheilet / vnd nicht allein mit einem sehr starcken Fruchtwachs / vnd schönen weiten Feldern / zu beyden seiten deß Fuldastrohms / sondern auch an den Gräntzen herumb mit stattlichen grossen Wäldern / vnnd Wildfuhren (darunder sonderlich der Kauffunger Wald / der Soerforst / vnd Habichswald / seyn /) auch hin vnd wider mit grossen stattlichen Teichen / vnd Fisch-Wassern / versehen; vnnd also bey dieser Fürstlichen Hoffhaltung / vnnd Ampt / alle nöthige / vnd erforderte / stuck zu finden. In ermeltem Kauffunger Walde / entspringt das starke Forellen-wasser die Niesta / so sich vnterhalb Cassel / zu Sandershausen / in die Fulda ergeust / neben welchem / auff einem Berge / das alte Hauß der Herren von Sensenstein gelegen / vnd gegen vber / auff Braunschweigischer seyten / das Hauß Sichelnstein. Auff der andern seiten ligt das grosse Dorff / vnd Closter Obern Kauffungen / davon der Wald den Nahmen hat.

Es sein hiebey sonderbare Dorffschafften / doch alle im Casselischen Bezirck gelegen; vnnd ist darunder insonderheit der vornehme Fleck Helsa / an der Lossa / welcher Fluß bey dem Stättlein Lichtenaw entspringet / ferners auff Helsa / Kauffungen / vnnd vollents nahe vnterhalb Cassell in die Fulda fleust. Bey dem Dorff Kaufungen hat es ein Alaunbergwerck / wie auch deßgleichen beym Dorff Groß Almeroda / am Hirschberge / allda man auch Steinkohlen findet. Hart vor Cassel / vor der Newstatt / ligt eine sehr grosse weite platte Weyde / der Forst genannt / weil es zuvor ein Wald gewesen / aber / wegen Erder

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Hassiae. Frankfurt am Mayn: Matthäus Merians Erben, 1655, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Merian_Hassiae_052.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)